"Das Ergebnis habt ihr nicht verdient"
So oder ähnlich beginnen seit Montag früh viele Gespräche, die ich mit Mandanten, Bekannten oder auch völlig unbekannten Menschen führe; letztere haben mich beim Abhängen der Plakate von sich aus angesprochen.
Ja, das Ergebnis haben wir nicht verdient, oder? Wenn man mit "wir" diejenigen meint, die engagiert im Wahlkampf (und auch jetzt noch) mitgeholfen haben, vom Aufhängen der Plakate, dem Organisieren von Info-Ständen über die Beteiligung daran bis zum Abhängen der Plakate, dann trifft es sicher zu. Wenn man mit "wir" jedoch die Bundes-FDP meint, sieht es wohl etwas anders aus: das Wahlergebnis war die Quittung für 4 Jahre Tätigkeit in der Regierung. Und was ist davon geblieben?
Erfolge heftete sich die CDU ans Revers, streitige Themen - wie die berühmte Hotelsteuer - blieben an der FDP kleben, obwohl dies allein das Thema der CSU war und von ihr in den Koalitionsvertrag gebracht wurde. Die Bundesspitze hatte allerdings mit der Aussage von der "Traumkonstellation" auch alle Trümpfe vor Beginn der Koalitionsverhandlungen aus der Hand gegeben und die durchaus zu verzeichneten Erfolge der FDP - etwa Abschaffung der Praxisgebühr - kaum nach außen getragen, geschweige denn damit wirklich Wahlkampf gemacht.
Damit blieb bei vielen Wählern, die uns 2009 ihr Vertrauen schenkten, nur eines übrig: Ihr habt nichts (oder doch nicht viel) von Eurem Wahlprogramm von 2009 umgesetzt. Auch dann, wenn das mit dieser Absolutheit nicht stimmt, ist der Kern wahr: Das einfachere und gerechte Steuersystem ist genau so weit weg wie 2009. Einige eher kosmetisch zu nennende Ergebnis können darüber nicht hinweg täuschen.
Die Bereinigung des "Mittelstandsbauches" bei der Einkommenssteuer wurde so spät angepackt, dass es der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat gelingen konnte, diese Entlastung des Bürgers zu verhindern.
Dieses Wahlergebnis haben wir nicht erwartet, aber selbst verschuldet!
Das bedeutet jetzt aber: Wir müssen uns auf unsere Stärken besinnen, die Arbeit im Land, in den Kreisen und Kommunen. Hier haben wir in den letzten Jahren konsequent liberale, am Menschen orientierte Politik betrieben und Erfolge zu verzeichnen.
Wir werden auf Bundesebene uns neu aufstellen müssen. Das ist nach der Ankündigung des Rücktritts der bisherigen Parteispitze und der Bereitschaft von Christian Lindner und Wolfgang Kubicki, sich für den Vorsitz bzw. den Stellvertreter zu bewerben, möglich.
Allein das Auswechseln von Personen reicht nicht, wir müssen dann auch die liberalen Positionen herausarbeiten und offensiv "vermarkten".
Wenn selbst Kritiker der FDP sagen: Ein Parlament ohne Liberale ist mir unheimlich, dann sollte uns das den Mut geben, weiter zu machen, aus den Fehlern zu lernen und nach vorn zu blicken.
Ich will hier abschließend allen Helfern im Wahlkampf, allen Wählern und Unterstützern ganz herzlich danken. Sie alle haben ihren Anteil daran, dass es uns im Wahlkreis 196 gelungen ist, das beste Erststimmen-Ergebnis für die FDP in ganz Thüringen zu erzielen. Das ist nicht viel, aber es darf auch nicht ganz vergessen werden!
Alf-Heinz Borchardt
im Namen des Kreisvorstandes der FDP Saale-Orla