Thüringer Allgemeine, 17.März 2007:
Gerstungen: Liberale zu Gast bei Bürgerinitiative
GERSTUNGEN (fdp/smb). Der Umweltausschuss der Thüringer FDP will die Umweltprobleme in Gerstungen stärker beleuchten. Die Thüringer Liberalen wollen die FDP-Abgeordneten im Umweltausschuss und im Gesundheitsausschuss des Bundestages anschreiben. Auch der EU-Abgeordnete Holger Krahmer (FDP) soll auf die Problematik aufmerksam gemacht werden. Das sagte FDP-Generalsekretär Patrick Kurth gestern im Ergebnis einer gemeinsamen Sitzung des Umweltausschusses der FDP und der Bürgerinitiative für ein lebenswertes Werratal.
Rund 40 Gäste nahmen an der Veranstaltung in Gerstungen teil. Die Thüringer Liberalen informierten sich über die Kritik der Bürger aus Thüringen und Hessen. In der Diskussion ging es um die geplanten Maßnahmen zur Einleitung von salzigen Haldenwässern in die Werra sowie um den Bau des Müllheizkraftwerks im hessischen Heringen. Der Gerstunger Bürgermeister Werner Hartung sowie BI-Sprecher Klaus Reinhardt führten noch einmal die zahlreichen Umweltbelastungen der Region auf. Eine Erhöhung der Salzfracht der Werra durch die künstliche Zuleitung von Haldenabwässern durch eine Pipeline aus Neuhof bei Fulda, möglicherweise bis zur Ausschöpfung des veralteten Grenzwertes, lehnt die BI ab. Eine Erhöhung auf den Grenzwert von 2,5 g/Liter bedeute nach Auffassung der BI das Ende der Renaturierung und erneute erhebliche biologische Beeinträchtigungen der Werra. Ohnehin seien die meisten Auenbrunnen zur Trinkwasserversorgung wegen des Salzgehalts des Grundwassers in den Talsohlen schon lange nicht mehr nutzbar. Probleme gebe es aber auch im Zusammenhang mit den riesigen Mengen der in den Untergrund verpressten Salzwässer. Diese träten an vielen Stellen wieder zu Tage und hätten zur Versalzung weiterer Brunnen geführt. Teure Fernwasserversorgung sei die Folge gewesen, hieß es.
Die Liberalen äußerten Unverständnis für die Haltung der hessischen Behörden. Der Leiter des FDP-Umweltausschusses wies darauf hin, das die Vereinbarkeit weiterer Belastungen der Werra mit den Zielen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie problematisch sein könne. Generalsekretär Patrick Kurth sagte die aktive Unterstützung der Thüringer FDP zu.
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TLZ, 17.März 2007:
Allianz bekämpft "K+ S-Arroganz"
Von Jensen Zlotowicz
Eisenach. (ep) Deutlicher Widerstand gegen die geplante Einleitung von salzhaltigem Haldenabwasser in die Werra durch das Unternehmen K+S formierte sich bei der öffentlichen Anhörung der Umweltausschüsse von Hessen, Thüringen, Niedersachsen und NRW in Kassel.
Zahlreiche Gutachter wie Dr. Krupp wiesen auf die verheerenden Folgen für das Ökosystem in Werra und Weser hin. Hingegen die Vertreter von K+S nach Eindruck der Eisenacher Landtagsabgeordneten Sabine Doht (SPD) "in nicht zu übertreffender Arroganz" keinem dieser Argumente zugänglich waren und weiterhin am geplanten Bau der Salzpipeline vom Werk Neuhof-Ellers in die Werra festhalten.
Nicht nur das Ökosystem in der Werra würde dadurch erheblich geschädigt. Es sei auch zu befürchten, dass damit Arbeitsplätze in der Wartburgregion vernichtet werden, etwa in der Landwirtschaft und im Tourismus, sagt Doht. Der im Kriegsjahr 1942 festgelegte Chlorid-Grenzwert der Werra sei überdies nicht mehr zeitgemäß, betonen viele Kritiker.
Uniso mit Sabine Doht kritisierten auch Landtagskollegin Katja Wolf (PDS) und Stefan Schweßinger, umweltpolitischer Sprecher der Bündnisgrünen in der Wartburgregion, dass im Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums (RP) Kassel für die Erweiterung der Halde in Neuhof aus 2003 ein Vorrang für die Einleitung der Salzwässer der Halde Neuhof vor den Salzwässern des Werkes Werra, zu dem auch der Standort Unterbreizbach gehört, festgeschrieben ist. Dies könnte zur Einschränkung der Produktionskapazität im Werk Werra führen.
Die SPD-Landtagsfraktion wird ihre Aktivitäten gegen die geplante Salzeinleitung in die Werra weiter forcieren. Ein gemeinsamer Antrag im Plenum mit der PDS soll laut Wolf auf den Weg gebracht werden. Auch der Umweltausschuss der Thüringer FDP wird die Umweltprobleme in Gerstungen stärker beleuchten und dazu auch mit den FDP-Fraktionen in Kontakt treten.
Von den Hessischen Liberalen werde man zur Problematik eine Stellungnahme einholen. Ebenso wollen die Thüringer Liberalen die FDP-Abgeordneten im Umweltausschuss und im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages zu der Problematik anschreiben, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Kurth gestern im Ergebnis einer gemeinsamen Sitzung des FDP-Umweltausschusses und der Bürgerinitiative "Für ein lebenswertes Werratal".
Bei der Anhörung in Kassel zeigten Wissenschaftler Alternativen zur Salzeinleitung auf, die nach Meinung Katja Wolfs hinnehmbare Mehrkosten für K+S bedeuteten.
Zur Sprache kam bei der Anhörung auch die seit Jahren gängige Laugenverpressung in das Plattendolomit, die nach Meinung der Professoren heikel sei, da der Dolomit mittlerweile einem nassen Schwamm gleiche. Was an der einen Stelle eingefüllt wird, laufe anderswo heraus. "Guten Gewisssens ist die Verpressung schon jetzt nicht mehr machbar", schlussfolgerte Wolf. Stefan Schweßinger nannte auch die Aussagen der RP-Vertreter in Kassel "schwammig" ("sowohl als auch", "wir lassen prüfen"). Mehrfach seien zudem Äpfel mit Birnen verglichen worden.
Der Bau einer Laugenleitung bis in die Nordsee (schon in den 40er Jahren angedacht) ist für die Wissenschaftler und Gegner der Werraeinleitung darunter auch Weser-Anrainer wie Hameln oder Bremen die einzige Lösung. Damit könnten auch die Produktionsabwässer von Kali+Salz abgeführt werden.