Lulita war in Halle zum gesundhaitspolitischen Aschermittwoch

Es ist für eine junge Politikerin ein Hoffnungsschimmer, wenn Ärzte endlich mal auf die Schwierigkeiten in unserem Gesundheitswesen aufmerksam machen. So geschehen am „ Gesundheitspolitischen Aschermittwoch“ in Halle. Ich hatte mich zu Ihnen gesellt um Ihnen zu zuhören.
Mein Bestreben ist es seit 1999 darauf hinzuweisen, dass die Gesundheitspolitik nicht losgelöst von anderen gesellschaftlichen Problemen gesehen werden darf. Nur leider stoße ich immer wieder auf taube Ohren.
Die Situation ist dramatisch und die Rahmenbedingungen sind verheerend. Wenn wir nicht wollen, dass der Patient der Verlierer ist, muss jetzt gehandelt werden.
Was ist also meines Erachtens zu tun?

1) Erst einmal müssen wir aus der ganzen Situation den Neidfaktor herausnehmen.
Der Arzt ist kein Abzocker und Schwerverdiener, er ist aber auch kein Halbgott in Weis. Er ist Helfer in außergewöhnlichen Situationen und Unternehmer mit allen Rechten und Pflichten! Er hat dazu einen Eid geschworen – den Eid des Hippokrates. Das darf in unserer Gesellschaft aber nicht dazu benutzt werden, dass er ohne Entgeld arbeiten muss. Schließlich hält er Arbeitsplätze vor, trägt zur Entwicklung unserer Infrastruktur bei und hat investiert. Daran haben Handwerker, Industrie und viele Menschen mit verdient. Er ist also auch über seinen Bereich hinaus ein Motor unserer Gesellschaft.

2) Betrachten wir die Probleme von der gesetzgeberischen Seite, dann stellen wir fest, in diesem System stecken 120 Mrd. Euro, allein nur für das Gesundheitswesen.
24 Millionen Menschen sind von Zuzahlungen in diesem System befreit, das heißt, in einem umlagefinanzierten System fehlen sie als Beitragszahler. Die Krankenversicherung und die Selbstverwaltungen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, dass heißt, hier gibt es keinen Wettbewerb. Alle Unternehmer, egal ob klein oder mittelständisch stehen zu einander im Wettbewerb, nur im Gesundheitswesen und bei den Krankenkassen soll das nicht gehen?! Die Krankenkassen selbst tragen nicht einmal das Risiko der Sicherstellung der medizinischen Leistung am Patienten, das haben paradoxer Weise die Ärzte, obwohl sie nicht über das Geld verfügen. Das haben die Krankenkassen, die aber eigentlich nur treuhänderisch mit dem Geld der Beitragszahler umgehen. Ist das überhaupt vielen bewusst?
Unter den Verhältnissen von Budgetierung und Leistungsdeckelung wird ein Arzt bestraft, wenn er zu viele kranke Patienten hat. Hat sich jemand schon mal die Frage gestellt warum das so ist? Ein Teil der Antwort heißt versicherungsfremde Leistungen.

Der Weg kann nur sein, weg vom reinen umlagefinanzierten System hin zur Kapitaldeckung.
Die Politik gibt dem Patienten das Recht, sich seine Krankenversicherung so zusammenzustellen, wie er es für sich bestimmen will, das ist heute unmöglich.
Eine klar definierte Grundversorgung, bei der die Finanzierung auch langfristig gesichert bleibt muss im Zusammenhang mit der Einführung der Kostenerstattung bei Wahl- und Zusatzleistungen angeboten werden.



Die Arbeitgeber zahlen die Versicherungsbeiträge an den Arbeitnehmer aus und dieser kann mit diesem Geld in eigener Verantwortung und mit einer Versicherungspflicht arbeiten. Bei der Autoversicherung klappt es doch auch, wie man anhand der steigenden Zulassungszahlen in unserem Lande sehen kann.

Die Politik stärkt das Patienten – Arztverhältnis, in dem sie die Kostentransparenz in das System einführt. Das heißt, der Patient hat freie Arztwahl und bekommt von diesem seine
Rechnung, geht damit zu seiner Krankenversicherung. Damit erreichen wir die schon immer geforderte Kostentransparenz. Hier hat dann der Patient die Möglichkeit der Steuerung, denn fühlt er sich ungerecht behandelt oder die Rechnung ist zu hoch, kann er unmittelbar vor Ort reagieren. Er hat also Einfluss auf den Preis im Gesundheitswesen, was heute auch unmöglich ist, denn die Chipkarte ist in Deutschland eine Deckungskarte für Milliardentransfers, auf die der Patient keinen Einfluss hat und auch keinen unmittelbaren Nutzen.
Wenn das die Politik schafft, dann haben sich z. B. der Ostabschlag für die Ärzte und der Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenkassen erledigt.

3) Am Anfang meines Briefes habe ich erwähnt, dass das Gesundheitswesen nicht losgelöst von den anderen gesellschaftlichen Problemen gesehen werden darf. Jetzt komme ich darauf zurück.
Wir brauchen in unserem Land niedrigere Steuern. Einfache Steuersätze und ein Niedrigsteuergebiet in den neuen Ländern würde Attraktivität bringen. Logische Konsequenz dessen ist zum einen die Entstehung neuer Arbeitsplätze. Zum anderen kann es mit dazu beitragen, dass die Abwanderung von jungen Menschen gestoppt würde. Damit bleiben die Beiträge der Arbeitnehmer und die Steuern der Arbeitgeber in dem jeweiligen Bundesland und in den Landkreisen. Damit könnten wir dann finanzielle Notsituationen überstehen, weitere Infrastruktur schaffen und die Lebensqualität der Menschen steigern. Damit könnte auch eine gezielte Ansiedlungspolitik betrieben werden können mit dem Ziel, auch jungen Ärzten ein Ansiedlung und Niederlassung zu ermöglichen.
Eine Niederlassung kostet sehr viel Geld. Der gesellschaftliche Konsens darf aber nicht dazu führen, das wir die Gefahren einer Niederlassung in heutiger Zeit einfach negieren und das Risiko allein dem Arzt überlassen. Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen und ein junger Arzt auch sicher sein kann, dass er am Ende seine Schulden bezahlen kann, darf man ihm eine Niederlassung zumuten. Viele Kreditinstitute finanzieren schon heute keine Niederlassungen mehr, weil sie am besten wissen, wie schlecht es um unser Gesundheitswesen bestellt ist. Es wird, wenn in unserem Land nicht ganz schnell reagiert wird, viele Unternehmen geben, dazu gehören heute schon Arztpraxen, die nicht mehr kreditwürdig sein werden, z. B. dank der Vorgaben eines Basel II-Abkommens.
Wenn unsere Politik ihre Hausaufgaben gemacht hat, dann wird sich die Frage von jungen Nachwuchskräften in allen Berufen nicht mehr stellen und wir hätten auch dieses Problem gelöst.
Ich stehe für eine Politik der Nachhaltigkeit und will diese Politik auch betreiben. Ich wünsche mir, dass unsere Menschen auf mehr Mitsprache drängen und sich mehr einbringen. Ein Anfang ist gemacht, im gesamten Bundesgebiet werden die Ärzte in ihren Wartezimmern auf ihre Situation aufmerksam machen. Unter der Überschrift „ Die Würde des Menschen ist unantastbar, Artikel 1 der Verfassung“ wird punktuell deutlich aufgezeigt was in unserem Gesundheitswesen nicht stimmt. Diese Aktion wird auch von der FDP Thüringen unterstützt. Ich kann alle Patienten nur ermuntern reden Sie mit Ihrem Arzt darüber, am Ende geht es um Sie, liebe Patienten!


Lulita Schwenk
www.lulita-schwenk.de

20.02.2002 Lulita Schwenk