Interview
Landeschef Uwe Barth
Landeschef Uwe Barth

Interview mit der Tageszeitung "Freies Wort" vom 5. Juli 2005

"Ich fühle mich an die sozialistische Planwirtschaft erinnert"

Deutschland brauche mehr Marktwirtschaft, sagt Thüringens FDP-Chef Uwe Barth. Ebenso wie die FDP als Partei will er auch persönlich in den nächsten Bundestag einziehen. Am Wochenende stellt er sich in Jena dem Votum seiner Partei als Thüringer Spitzenkandidat.

Herr Barth, die Union spricht sich dafür aus, im Falle eines Wahlsiegs künftig ohne einen Minister für den Aufbau-Ost zu regieren. Ist das das richtige Signal?
Uwe Barth: Solche Fragen lassen sich ja nicht losgelöst vom aktuellen Amtsinhaber beantworten. Und da sage ich: Keinen Minister für den Aufbau-Ost zu haben, ist besser als Herrn Stolpe. Doch auch abseits der Personalie denke ich, hat sich dieses Amt überlebt. In den jungen Ländern misst man den Erfolg der Politik nach dem, was am Ende dabei herauskommt und nicht nach der Beauftragtenperson. In den alten Ländern verstärkt ein eigener Ost-Minister das Image vom jammernden Ossi, der nur auf die Tränendrüsen drückt.

Und stattdessen?
Barth: In einer guten Verwaltung habe ich in meinem Fachgebiet die speziellen Interessen der Regionen im Blick und berücksichtige sie, wann immer möglich. Im übrigen darf man nicht vergessen, dass auch NRW mit dem Ruhrgebiet eine Region ist mit ganz speziellen regionalen Problemen und Interessen. Mit einigem Recht könnte Düsseldorf somit einen Minister für das Ruhrgebiet fordern. Aber all diese Ämter lösen am Ende nicht die regionalen Probleme.

Wie will die FDP den Aufbau-Ost meistern? Die Partei erweckt zuweilen den Eindruck einer ausschließlich im Westen verankerten Großverdienerpartei.
Barth: Aber ich bitte Sie. Das täuscht. Wer könnte etwas für den Osten leisten, wenn nicht die FDP. Was interessiert die Menschen hierzulande am meisten? Dass Arbeitsplätze entstehen! Und die entstehen nur, wenn es mit der mittelständischen Wirtschaft auch hier in Thüringen bergauf geht. Wirtschaft und Mittelstandsförderung waren immer schon das vordringliche Thema der FDP.

Und konkret?
Barth: Wir müssen Verwaltungshemmnisse abbauen. Es gibt viel zu viele, viel zu enge Vorschriften in Deutschland, die in den Unternehmen unnötig Kosten verursachen. Wir müssen den Kündigungsschutz lockern. Es darf nicht sein, dass Unternehmen nur deshalb keine neuen Mitarbeiter einstellen, weil sie fürchten, sich in schlechten Zeiten nicht wieder von ihnen trennen zu können. Wir brauchen eine Vereinfachung im Steuerrecht. Nehmen wir Estland zum Beispiel: Dort umfassen Steuererklärungen nicht mehr als zwei Seiten - und die Erstattung durch die Finanzämter muss innerhalb weniger Tage erfolgt sein. In diese Richtung muss es gehen.

Und die Finanzierung?
Barth: Subventionen müssen konsequent abgebaut werden. Dazu gehören nicht nur die immensen Zuschüsse bei ideologischen Projekten, wie der Steinkohle oder der Windenergie, sondern auch Eigenheimzulage oder Pendlerpauschale...

Genauso wie die Steuerbegünstigungen für privat genutzte Dienstwagen?
Barth: Selbstverständlich gehört auch das in ein solches Paket hinein.

Kündigungsschutz, Eigenheimzulage, Pendlerpauschale. Rechnen Sie da nicht mit Widerstand aus der Union? Schon heißt es von dort zum Thema soziale Sicherheit, es gebe zwar nichts zu verschenken, aber genommen werde dem Bürger auch nichts.
Barth: Da wird das große Wort von der sozialen Marktwirtschaft gelassen ausgesprochen. Alle Parteien wollen dahin zurück, und stets wird betont, wegen der sozialen Komponente. Das ist ein wenig der falsche Fokus. Denn zunächst einmal müssen wir doch zur Marktwirtschaft zurückkommen. Was wir jetzt haben, erinnert mich eher an sozialistische Planwirtschaft. Aber nur wenn wir mehr Markt erlauben, können wir uns auch die sozialen Errungenschaften leisten, wie wir sie kennen. Die FDP stellt überhaupt nicht in Frage, den Bedürftigen zu helfen, aber wir beobachten, dass im Augenblick eher die Findigen von dem System profitieren.

Ist die SPD mit ihrem Ruf nach sozialer Sicherheit auf populistischem Kurs?
Barth: Die Sozialdemokraten haben in sieben Jahren alles ausprobiert und nichts durchgehalten. Schröders Politik erinnert einen doch an den Kranken, der sich ständig im Bett von der einen Seite auf die andere wirft, in der Hoffnung, besser zu liegen. Ich glaube das hat Goethe einmal so gesagt, passt aber immer noch. Oder schon wieder.

INTERVIEW: MATTHIAS THÜSING

05.07.2005 Pressestelle