DPA-Meldung vom 12.3.05
Kritik an Behördenreform in Thüringen auf FDP-Landesparteitag
Pfiffelbach (dpa/th) - Die FDP hat zum Auftakt ihres Landesparteitages in Pfiffelbach (Kreis Weimarer Land) am Samstag die von der CDU-Landesregierung geplante Behördenreform kritisiert. Die Schließung oder Zusammenlegung von Ämtern verlängere die Bearbeitungszeiten von Anträgen, was Investitionen verzögere oder verhindere, sagte Landeschef Uwe Barth. Die nicht im Landtag vertretene FDP berät auf dem Parteitag einen Antrag, nach dem die Zahl der Thüringer Landkreise bis 2007 halbiert werden soll.
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DDP-Meldung vom 13.3.2005-03-14
Mindestens 150 000 Einwohner - FDP verabschiedet Kreisreformkonzept
Pfiffelbach (ddp-lth). Die Thüringer FDP hat auf ihrem Landesparteitag in Pfiffelbach bei Appolda ein Konzept für eine Kreisgebietsreform im Freistaat beschlossen. Danach sollen die neuen Kreise eine Mindesteinwohnerzahl von 150 000 Einwohnern und eine Höchstfläche von 2000 Quadratkilometern aufweisen, wie die Liberalen am Wochenende mitteilten. Voraussetzung für die Reform, die bis 2007 abzuschließen sei, müsse die drastische Straffung der Verwaltung sein. So müsste nach Auffassung der FDP das Landesverwaltungsamt abgeschafft werden. Generalsekretär Patrick Kurth verspricht sich vom Beschluss den Auftakt einer intensiven Debatte im Land.
Die etwa 250 Delegierten plädierten ferner für ein Zentralabitur in Mitteldeutschland. Zudem müsse auch die Effizienz der Struktur der Bundesländer geprüft werden, hieß es weiter. Neue Impulse forderten die Thüringer Liberalen beim Aufbau Südost. Dabei müsse auch die FDP-Bundestagsfraktion mehr Tatkraft zeigen. Nötig seien Sonderregelungen in den neuen Bundesländern oder zentrale Anlaufstellen für Genehmigungsverfahren.
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TLZ Montag, 14. März 2005
Der Reform-Druck wächst weiter
Liberale drängen auf umfassende Verwaltungsneuordnung
Pfiffelbach (tlz) Uwe Barth ist optimistisch, dass sich in Sachen Gebiets- und Verwaltungsreform in Thüringen in dieser Legislaturperiode doch noch etwas tut.
"Dieter Althaus wird diese Legislaturperiode nicht überstehen, ohne zu einer Gebietsreform zu kommen", sagte der FDP- Landesvorsitzende der TLZ am Rande des Landesparteitags in Pfiffelbach bei Apolda. Der Druck von unten, aus den Städten und Kreisen, wird immer stärker. Und auch die Oppositionsparteien, ob im Landtag vertreten oder nicht, werden bei dem Thema nicht locker lassen.
So wie die Liberalen, die die Landesregierung in die Pflicht genommen haben, endlich konkrete Vorschläge auf den Tisch zu legen. Nach ihren Vorstellungen soll es nach einer Gebietsreform nur noch Landkreise mit mindestens 150 000 Einwohnern geben. Derzeit gibt es im Freistaat 17 Kreise und 6 kreisfreie Städte mit teils deutlich unter 100 000 Einwohnern. Prinzipiell sei die FDP außerdem für eine Länderfusion, sagte Generalsekretär Patrick Kurth. Allerdings habe sich der Parteitag nicht für bestimmte Partner Thüringens bei einer solchen Fusion ausgesprochen. Parteichef Barth hatte in dieser Woche für ein Zusammengehen Thüringens mit Sachsen und Sachsen-Anhalt plädiert.
Im Zuge einer Thüringer Verwaltungs- und Gebietsreform sollte dann auch das Landesverwaltungsamt dicht gemacht werden, verlangen die Liberalen. Warum sie so konkrete Vorschläge unterbreiten, machte Barth ebenfalls deutlich: Die Liberalen seien gefordert, wenn die CDU "die Drecksarbeit" nicht machen wolle. Barth machte im TLZ- Gespräch deutlich, dass die von der FDP vorgelegten Daten selbstverständlich nur Orientierungsgrößen seien. Man warte gespannt auf Vorschläge der Landesregierung. Aber gleichzeitig meldete Barth Zweifel an, ob sich das Land dazu durchringen könne. Das hänge an der Person des Ministerpräsidenten und dessen Regierungsstil. "Solange er das persönlich nicht will, wird das nicht kommen."
Kritik an der Behördenreform
Heftige Kritik übte die FDP an der Behördenreform in Thüringen. Die Schließung oder Zusammenlegung von Ämtern verlängere die Bearbeitungszeit von Anträgen, was Investitionen verzögere oder verhindere, sagte Landeschef Uwe Barth.
Die FDP verlangte außerdem ein einheitliches Bildungssystem in Deutschland mit sechs Jahren Grundschulzeit, dem Hauptschulabschluss nach neun und dem Realschulabschluss nach 10 Jahren. Das Abitur soll nach zwölf Jahren abgelegt werden können.
Neue Impulse wurden auch für den Aufbau Ost verlangt. Bundes- und Landesregierung ließen Initiativen dazu vermissen. Die Thüringer FDP forderte aber auch von der eigenen Bundestagsfraktion mehr Tatkraft. "Wir waren beim Aufbau Ost bereits bedeutend weiter. Bei der Lösung dieses Problems sind die Verantwortlichen bereits einige Schritte zurückgegangen", so Generalsekretär Patrick Kurth. Die FDP sprach sich für Sonderregelungen in den neuen Ländern oder zentrale Anlaufstellen bei Genehmigungsverfahren aus.
Auf Unverständnis stieß bei Generalsekretär Patrick Kurth, dass der Parteitag einem Vorstandsantrag auf Verkleinerung des Parteitages nicht zustimmte. 300 Delegierte kommen jetzt zu den Landestreffen, ihre Zahl sollte auf 200 gesenkt werden. Und der Parteitag sagte Nein. Kurth erklärte der TLZ: "Wenn wir von Land und Bund massive Deregulierung und Verwaltungsabbau einfordern, dann muss man aufpassen, dass die eigene Glaubwürdigkeit nicht leidet."
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Thüringer Allgemeine, 14.03.2005, Lokalteil Apolda
Zusammenarbeit statt Zusammenschluss
PFIFFELBACH (mok). Die drängende Gebietsreform und die hohe Arbeitslosigkeit waren am Samstag bestimmende Themen des FDP-Landesparteitages in Pfiffelbach. Rund 250 Delegierte fanden den Weg in das Kongresszentrum, elf davon aus dem Kreisverband Weimarer Land. "Rege Diskussionen zu schwierigen Themen" konnte der Kreisverbands-Vorsitzende Otto Ritzel vom Landesparteitag der Thüringer FDP vermelden. "Natürlich haben die enorm hohe Arbeitslosigkeit und die Suche nach möglichen Rezepten dagegen eine große Rolle gespielt", sagte er gegenüber TA. Offene Türen rannte hier jedoch die Forderung nach einer neuen umfassenden Gebietsreform ein. "Alle haben das Gefühl, dass hier möglichst rasch eine vernünftige Aktion erforderlich ist", so Ritzel. Der Parteitag stimmte denn auch einem Antrag zu, nach dem die Zahl der Thüringer Landkreise bis 2007 halbiert werden soll. Szenarien für das Weimarer Land erwachsen daraus aber offenbar noch keine. Sinnvoll werde eine neue Gebietsreform nur dann, wenn wirtschaftlich leistungsfähige und auch noch vernünftig verwaltbare Landkreise dabei entstünden. "Weimar und das Weimarer Land hätten zwar gemeinsam die notwendigen Einwohner, wären aber wirtschaftlich nicht leistungsfähig genug", so Ritzel. Indes sucht die hiesige FDP die enge Zusammenarbeit mit ihren Parteifreunden aus Jena und Weimar. Die Kreisvorstände des Weimarer Landes und Jenas wollen sich bereits im April treffen, das Gespräch mit den Weimarern ist für Anfang Mai geplant. Dabei sollen Felder verstärkter Kooperation besprochen werden, nicht mehr. Ritzel: "Eine Eingemeindung Apoldas nach Jena ist doch Blödsinn." Eine Zusammenarbeit etwa im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs hingegen mache Sinn. Das Interesse Jenas daran sei auch hoch.
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Thüringer Allgemeine, 14.03.2005
Die Signale der Liberalen
Von Kai MUDRA
Die Liberalen wollten sich auf ihrem Parteitag innovativ zeigen und scheiterten doch wieder einmal an sich selbst.
PFIFFELBACH. Von "Aufbruch" war die Rede, vom "Signal von Pfiffelbach". Doch dieser Vorsatz trug nicht einmal durch die so benannte Grundsatzrede des Landesvorsitzenden Uwe Barth. Abgesehen vom obligaten Geholze gegen Rot-Grün, die Landesregierung und deren Verwaltungsreform sagte er wenig Konkretes zu Thüringen.
Dabei war das liberale Treffen groß als Programmparteitag angekündigt worden. Doch viel lieber beschäftigte man sich mit dem, was traditionell seit Treffen in Apolda und Stadtroda der Liberalen Liebstes ist: die Geschäftsordnung. Stundenlang debattiert man um FDP-Finanzen oder Delegiertenzahlen auf Parteitagen, mal in offener Abstimmung, mal im Geheimen.
Dem Parteichef und seinem Generalsekretär Patrick Kurth war da der Parteitag längst entglitten. Und so zeigte die FDP wieder einmal, dass ihr außerparlamentarisches Dasein seine Gründe hat. Die Forderung des Vorstands an die Kreisverbände, pro Mitglied einen knappen Euro Anteil vom Beitrag mehr an den Landesverband weiterzureichen, scheiterte an der Zweidrittel-Mehrheit.
Erst kurz vor Ende, als alles längst heim wollte, ging es doch noch kurz um die Verwaltungsreform, also um das, wofür man eigentlich angereist war. Man beschloss, bis 2007 die 17 Kreise zu halbieren und den Freistaat auf eine Fusion mit den Nachbarländern vorzubereiten. Dumm nur, dass die CDU, mit der man eigentlich gerade regieren wollte, nicht darauf hören wird.
Geplant war übrigens auch, von dem Geld der Kreisverbände den Landesvorstand zu bezahlen und darüber hinaus eine Rücklage für die Bundestagswahl zu bilden. Immerhin will Barth dann das derzeit einzige Thüringer FDP-Mandat in Berlin von Karlheinz Guttmacher erben. Allerdings, seit dem vergangenen Samstag scheint dies mehr so sicher.
Man könnte es auch das Signal von Pfiffelbach nennen.
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Südthüringer Zeitung, 14.03.2005
FDP beriet in Pfiffelbach
Liberale sind gegen Mittelbehörde
PFIFFELBACH - Die Delegiertenversammlung werde sich mit der programmatischen Schärfung der Partei beschäftigen, kündigten Thüringens Liberale vor Tagen an. In der Tat wurden drei umfangreiche Konzepte verabschiedet. Da war zum einen die Forderung nach einem einheitlichen Bildungssystem.
Die Liberalen schreiben den mitteldeutschen Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine Voreiterrolle zu. In einem ersten Schritt sollen gemeinsame Bildungsziele und Bildungsstandards definiert werden. Zudem ist eine Angleichung der Lehrinhalte und Abschlüsse geplant. Einheitliche Prüfungsaufgaben seien notwenig, ebenfalls die Einführung eines Zentralabiturs. Die Schaffung grundlegender Bildungsstrukturen ist in Stufe drei des Konzeptes vorgesehen.
Das Thema Kreisgebietsreform werde künftig in Thüringen eine entscheidende Rolle spielen. Deshalb müssten sich die Liberalen in die Diskussion einbringen, "mit konkreten Vorschlägen und Zahlen", forderte Generalsekretär Patrick Kurth in einer fulminanten Rede. "Wir nennen Ross und Reiter. Schwammige Angaben kommen nicht in unsere Konzepte und schon gar nicht in unsere Papiere", sagte er. "Mit schlanken und entbürokratisierten Strukturen müssen wir uns dem Wettbewerb stellen."
Die Kreisgebietsreform soll Ende 2007 abgeschlossen sein. Die Zahl der Landkreise im Freistaat würden halbiert. Sie müssten mindestens 150 000 Einwohner zählen, flächenmäßig dürfte eine Größe von 2000 Quadratkilometern nicht überschritten werden. Ein Änderungsantrag des stellvertretenden Landesvorsitzenden Lutz Recknagel, die Angaben zur Mindesteinwohnerzahl und Flächenbegrenzung zu streichen, wurde abgelehnt. "Wenn diese Richtlinien gelten, verbleibt dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen nur die Option, sich mit der kreisfreien Stadt Suhl zu verbinden", erklärt er. Ein Zusammenschluss mit dem Wartburgkreis komme dann nicht in Frage. Das verabschiedete Konzept zur Kreisgebietsreform beinhaltet eine Verwaltungsteilung in zwei staatliche und zwei kommunale Verwaltungsebenen. Im Klartext: das Landesverwaltungsamt soll geschlossen werden. In einer Verwaltungsstraffung sieht die FDP die Voraussetzung für die Kreisgebietsreform. Auf Anregung des Delegierten Horst Gerber vom Kreisverband Greiz wurde der Passus hinzugefügt, dass nur eine umfassende Verwaltungs- und Funktionalreform die Kommunalreform rechtfertigen könne.
Dritter Schwerpunkt war der Antrag "Aufbau Ost-Umbau Ost- Chancen West". Das strukturelle Wachstumsdefizit, die chronische Arbeitslosigkeit und die anhaltende Abwanderung im Osten Deutschlands bezeichnen die Liberalen als Probleme ersten Ranges. Der Bundesregierung unterstellen sie Desinteresse am Aufbau Ost. Auch von der eigenen Bundestagsfraktion erwarten Thüringens Liberale mehr Engagement. Der Vorschlag des FDP-Landesverbandes, die Zahl der Bundesländer zu reduzieren, um so den Aufbau Ost voranzutreiben, wurde von der Mehrheit der Delegierten angenommen.
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OTZ, 14.3.2005
FDP würde Kreisreform anpacken - Partei bleibt knauserig mit eigenem Vorstand
Von OTZ-Redakteur Volkhard Paczulla
Über Pfiffelbacher Äcker im Weimarer Land, wo früher ein gewisser E. Honecker Staatsjagden auf Hasen veranstalten ließ, sollte am Sonnabend ein liberaler Geist wehen. Der Landesparteitag der Thüringer FDP begab sich dort auf Themensuche.
Fündig wurden die Freidemokraten zunächst im holprigen Behördenabbau der CDU-Landesregierung. Der Vorstand um Landesparteichef Uwe Barth ging das Wagnis ein, das alte FDP-Ziel Bürokratieabbau mit der Forderung nach einer Thüringer Kreisreform zu würzen. Die solle schon Ende 2007 über die Bühne sein, danach kein Kreis mehr unter 150 000 Einwohner vorweisen. Was bedeutet, dass nur die Stadt Erfurt unberührt bliebe. "Wieso sollen wir für die Regierung die Drecksarbeit machen", fragte einer der 250 Delegierten verstört. Einem anderen fiel auf, dass im Vorstandsantrag ganz nebenbei die Mittelbehörde Landesverwaltungsamt abgeschafft wird. Das könne doch so nicht gewollt sein. "Doch", beschied ihm knapp der junge Generalsekretär Partrick Kurth. Wenn Deregulierung, dann richtig. Der Antrag wurde angenommen.
Vielleicht überblickten die Delegierten beim Hochhalten ihrer Stimmkarten nicht jedes Mal, was sie gerade zum Programm erhoben. So steckt im ebenfalls beschlossenen Antrag "Soziale Marktwirtschaft Ost" die gewagte Formulierung, dass die Abschaffung der Wasserbeiträge die finanzielle Zukunft des Freistaats gefährdet. Populismus ist etwas anderes.
Vergleichsweise klar an Volkes Meinung orientiert sich die Forderung der FDP nach einem einheitlichen deutschen Bildungssystem. Politischer Instinkt wurde auch beim Antrag der Jungliberalen bewiesen. Die hätten lieber heute als morgen Studiengebühren und wurden damit durch Verweis in einen Fachausschuss zunächst kaltgestellt. Dasselbe widerfuhr einem Antrag aus dem Wartburgkreis, der die Türkei dauerhaft aus der EU verbannen sollte. Europapolitik im Pfiffelbacher Schnellwaschgang wollte man sich nicht antun.
Angetan hat die Partei einmal mehr ihrem eigenen Landesvorstand ein Leben am Rande des Existenzminimums. Eine erhöhte Zahlung der Kreisverbände um nur einen Euro pro Kopf der 2300 FDP-Mitglieder wurde gnadenlos abgelehnt. "Ohne funktionierende Landesgeschäftsstelle brauchen wir zur Wahl 2009 gar nicht erst anzutreten", warnte die frühere Landtagsabgeordnete Maria-Elisabeth Grosse. Aus Mitleid schenkte die Weimarer Rechtsanwältin ihrem Vorstand 5000 Blatt Faxpapier.