"Inklusion darf nicht einfach verordnet und übers Knie gebrochen werden", mahnt die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion Franka Hitzing aus Anlass der heutigen Auftaktveranstaltung des Themenjahres "Gemeinsam Leben. Miteinander Lernen". Prozentzahlen seien nicht das entscheidende Kriterium, sagt sie mit Blick auf die Statistik der Bertelsmann-Stiftung, nach der in Thüringen inzwischen 27 Prozent der Schüler mit Handicap eine "normale" Grund- oder Regelschule besuchen und integriert beschult werden.
Es gehe darum "Inklusion vom Kind aus zu denken". "Jedes Kind ist eine besondere Persönlichkeit", sagt Hitzing. Man müsse sich immer fragen, ob man dem behinderten Kind etwas Gutes tue, wenn man es an eine normale Schule schicke oder, ob es an einer Förderschule besser aufgehoben sei. Der Artikel 7 der UN-Konvention, der das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellt, komme in der Diskussion oftmals zu kurz, bemängelt die Liberale. Das Kindeswohl könnten letztlich nur die Eltern nach entsprechender Beratung einschätzen. "Für uns ist deshalb die UN-Konvention erst erfüllt, wenn wir zu einem echten und freien Wahlrecht der Eltern zwischen Förderschule und inklusiven Angeboten verschiedener Abstufung kommen", erklärt Hitzing, die selbst Lehrerin an einer Regelschule ist.
Dieser Anspruch werde erst am Ende eines längeren Prozesses gewährleistet werden können. Die Konvention mache über den zeitlichen Rahmen auch keinerlei Vorgaben. "Sie setzt aber ein Optimierungsgebot, so dass wir diesen Prozess beginnen müssen", befürwortet Hitzing grundsätzlich die inklusive Bildung. Dazu seien aber die bauliche Ertüchtigung der Schulen im Regelschulsystem und die Ausstattung mit genügend sonderpädagogisch qualifiziertem Lehrpersonal durch Aus- und Weiterbildung erforderlich. Förderschulen für alle Arten von Behinderung gilt es zu erhalten und weiterzuentwickeln, fordert Hitzing.
Sie erwartet zudem vom Thüringer Bildungsministerium die Gewährleistung des Rechts auf ein sonderpädagogisches Gutachten, wie es gesetzlich vorgesehen ist und nicht die künstliche Absenkung der Förderquote durch Verweigerung der entsprechenden Diagnostik am Anfang der Schullaufbahn. "Inklusion mit Augenmaß, keine Schnellschüsse und Experimente zulasten der Kinder", bekräftigt die FDP-Bildung-Expertin abschließend ihre Forderungen.