Wesselly: Soziale Kälte bei den Gewerkschaften
Erfurt, 21.10.2003. Als Lernprozess für Gewerkschaften bezeichnet Landesvorstand Percy Wesselly die veröffentlichten Haushaltsverluste der Ver.di. Die Gewerkschaft erfahre nun am eigenen Leib, wie es den öffentlichen Haushalten und der Privatwirtschaft ergehe. Jetzt griffen die Verfechter überkommener Sozialstaatsideen zu dem Mittel, welches sie bisher bei anderen immer verteufelt hätten: Einsparungen bei den Beschäftigten.
Fortschrittlich scheine die Gewerkschaft nur in ihrer Wortwahl zu sein. Unpopuläre Maßnahme tarnen diese mit freundlichen Umschreibungen wie "Personalmaßnahmen" oder "notwendige Nachsteuerung". Hinter diesen Verharmlosungen maskiert ver.di nach Ansicht des FDP-Politikers die Verkürzung der Arbeitszeit bei reduzierten Löhnen. Auch die mögliche Entlassung von Angestellten verberge sich dahinter. Wesselly schlägt vor, den Begriff "notwendige Nachsteuerung" zum Unwort des Jahres zu erklären. Zum Unwort des Jahres werden Begriffe gezählt, die tatsächliche Dimensionen verharmlosen oder Widersprüche in sich tragen. "Wenn eine Gewerkschaft Lohnkürzungen und Entlassungen unter besondere Tarnbegriffe stellt, scheint mir die "notwendige Nachsteuerung" der richtige Kandidat für das Unwort diesen Jahres.", so Wesselly.
Ver.di hatte auch Einschränkungen bei Sach- und Reisekosten angekündigt. "Es war bisher doch sehr bezeichnend, dass Arbeitnehmervertreter bei Bahnbenutzung Erster Klasse fahren.", so Wesselly. "Diesen Luxus bezahlten die Mitglieder bisher mit ihren Beiträgen. Solche Einschränkungen scheinen mir aber ertragbar. Insbesondere dann, wenn ver.di-Chef Frank Bsirske Business-Class fliegt, während seine Genaoosen am langen Arm zu verhungern scheinen. "
Die bedrückende wirtschaftliche Lage, so hofft FDP-Vorstand Wesselly, wird bei den Gewerkschaften zu einem Umdenken führen. "Nachdem Ver.di nun selbst von Einsparungen betroffen ist, können die Verantwortlichen bei der nächsten Streikvorbereitung die Probleme der Privatwirtschaft vielleicht eher nachvollziehen.", erklärte Wesselly.
Seit der Gründung ver.di"s seien 250.000 Gewerkschafter ausgetreten. "Die Ausgetretenen wussten ihr Geld wohl besser anzulegen - und sei es in eine Bahnfahrt, wenn auch nur Zweiter Klasse. Aber da treffen sie ja zukünftig vielleicht ihre ehemaligen Interessenvertreter. Das war bisher schließlich nicht der Fall.", mutmaßte Wesselly abschließend.