Erfurt. Der Landesvorsitzende der FDP Thüringen und Fraktionsvorsitzende der FDP im Thüringer Landtag, Uwe Barth, gab der "Thüringer Allgemeine" (heutige Ausgabe) folgendes Interview. Die Fragen stellte Matthias Thüsing.
Frage: Steuerreform geschafft, nun müsste die FDP doch inhaltlich in ein tiefes Loch fallen?
BARTH: Da habe ich keine Sorge. Die Steuerreform war nie unser einziges Thema. Bildungspolitik, auch Euro-Rettung als neues Thema, Bürgerrechte - es bleiben viele Felder, die in der Wahrnehmung vielleicht etwas zurückgestanden haben, aber auch immer wichtige Themen für die Liberalen waren.
Frage: So richtig breit aufgestellt wirkten die Liberalen in den vergangenen zwei Jahren nicht. Woran lag das?
BARTH: Das lag natürlich daran, dass die öffentliche Debatte sich sehr stark auf das Steuerthema verengt hatte und wir es auch nicht verstanden haben, diese Wahrnehmung aufzubrechen. Dabei hat es mit der Diskussion um Netzsperren im Internet, dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, der Erhöhung des Kindergeldes oder der Einführung des Deutschlandstipendiums durchaus eine ganze Reihe von wichtigen Themen und zukunftsweisenden Beschlüssen gegeben.
Frage: Ein erster Versuch, sich inhaltlich neuen Ufern zu nähern, stellt der Parteitag in Frankfurt am Wochenende dar. Was ist zu erwarten?
BARTH: Ich erwarte, dass wir uns klar zum gegliederten Schulsystem in Deutschland und damit zum Erhalt von Regelschulen und Gymnasien bekennen. Es gilt, den Bestrebungen der SPD, diese Schulformen zugunsten einer Einheitsschule abzuschaffen, Einhalt zu gebieten.
Wir müssen der Zersplitterung des Bildungssystems mit einheitlichen Bildungsstandards entgegenwirken. Dazu erwarte ich ein klares Bekenntnis des Bundesparteitages. Die Kultusministerkonferenz, die es in 60 Jahren nicht geschafft hat, sich auf solche Standards zu verständigen, gehört abgeschafft.
Frage: Stichwort Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern - wie stehen Sie dazu?
BARTH: Die Thüringer Liberalen plädieren für eine Aufhebung des Kooperationsverbotes, damit Bund und Länder gemeinsam Initiativen im Bildungsbereich schultern können. Wir brauchen eigenständige Schulen und Wettbewerb um die beste Bildung - und genau dafür auch die Möglichkeit, aber nicht den Zwang zur Kooperation.
Frage: Bildung in allen Ehren. Aber müsste sich eine Partei mit dezidiert wirtschaftspolitischem Profil in dieser Situation, wie sie sich derzeit gerade darstellt, nicht viel eher dem Euro widmen?
BARTH: Das tun wir doch. Der Parteitag hat zwei Tage. Am Samstag wird es die Rede des Bundesvorsitzenden geben. Auch der Euro wird eine zentrale Rolle spielen, er ist neben der Bildung das zweite Thema des Parteitages. Keine andere Partei in Deutschland widmet sich so intensiv dem Euro-Thema.
Frage: Wie wird der Mitgliederentscheid ausgehen? Und viel wichtiger noch: Wird die FDP aus ihrer Sicht gestärkt aus einem solchen Entscheid hervorgehen können?
BARTH: Bei der Abstimmung handelt es sich nicht um einen Antrag Schwarz und einen Antrag Weiß, sondern um zwei, die in der Analyse sehr ähnlich sind. Wir brauchen eine politische Lösung, da ist der Antrag des Bundesvorstandes deutlich besser. Die FDP wird aus dem Entscheid gestärkt hervorgehen, weil wir diese Debatte führen und unsere Mitglieder beteiligen. Motivation, innerparteiliche Demokratie und Wahrnehmbarkeit werden gestärkt. Über diese Debatte haben wir auch schon viel erreicht, wie z. B. die Begrenzung des Haftungsrahmens oder die Frage des Parlamentsvorbehalts für jeden weiteren Schritt. Wenn es die Debatte in der FDP nicht gegeben hätte, dann hätte die vereinigte Sozialdemokratie im Bundestag schon längst nach Steinbrück gehandelt, und dann wäre das Ergebnis: "Natürlich müssen die Deutschen zahlen". Dieses Ziel teilen wir ausdrücklich nicht.