"Der Ausbau von Erfurt zum Verkehrsknotenpunkt ist eines der wichtigsten Infrastrukturvorhaben des Bundes, mit dem Erfurt 2017 zum Drehkreuz innerhalb Deutschlands wird. Deshalb muss die Landeshauptstadt so schnell wie möglich aus allen Orten und Regionen Thüringens erreichbar sein", fordert der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Heinz Untermann. Ein solches "Geschäftsmodell Thüringen" müsse langfristig vorbereitet werden. Zudem müssten sich Hotel- und Gaststättengewerbe, Logistikunternehmen und die Tourismusbranche über zielgruppenorientierte Angebote verständigen. Die Landesregierung hat die Problematik bislang vernachlässigt, kritisiert Untermann. Deshalb hatte die FDP-Fraktion gestern die Beteiligten erstmals zu einem Thementag nach Erfurt eingeladen.
Zu Beginn besichtigten die Parlamentarier mit dem Konzernbeauftragten der Deutschen Bahn für Thüringen, Volker Hädrich, das DB-Informationszentrum in Herrengosserstedt, wo derzeit der Finnetunnel entsteht. Allein dieses Teilprojekt kostet 250 Millionen Euro. Untermann zeigte sich über den Baufortschritt, der einen positiven Abschluss des Projekts erwarten lasse, erfreut. Mit Vertretern des Hotel- und Gaststättenverbande wurden die Chancen des Knotenpunktes für den Tourismus diskutiert. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Uwe Barth war überrascht, dass die Vernetzung zwischen Bahn und Tourismus noch so ausbaufähig sei, obwohl man bereits seit 1992 zusammenarbeite. "Thüringen muss größer denken", forderte der wirtschaftspolitische Sprecher Thomas L. Kemmerich. "Mit Kleinstaaterei in der Tourismuspolitik kommen wir nicht weiter", warnte er. Zurück in Erfurt verschaffte man sich bei der Erfurter Bahn einen Einblick. Natürlich mache man nicht einfach an der Landesgrenze halt, so die Geschäftsführerin Heidemarie Mähler. Die Verbindungen reichten von Gera bis nach Kassel. In enger Kooperation mit der DB Regio arbeite man daran, die Anbindung der Regionen an den Knotenpunkt zu sichern.
Die Anbindung war auch ein zentrales Thema bei der abschließenden Podiumsdiskussion im Erfurter Rathaus. Rund sechzig Interessierte waren gekommen, um mit den Experten zu diskutieren. Die Verbindung zwischen Jena und Erfurt sei traditionell problematisch, so Volker Hädrich, aber gut bestückt. Gera sei ganz klar das Sorgenkind, "aber wir ringen hier um eine Lösung, damit die Stadt nicht abgehängt wird". Auch Weimar und Jena müsse man im Blick haben, mahnte Untermann. Jürgen Lenders, wirtschaftspolitischer Sprecher der hessischen FDP-Landtagsfraktion bekräftigte: aus eigener Erfahrung wisse er, welche positiven Entwicklungen die Einrichtung des ICE-Haltes Fulda für die ganze Region nach sich gezogen habe. Und das, so ergänzte Stefan Schunck von der IHK Fulda, obwohl sich viele in der Region anfangs gegen das Projekt gestemmt hätten. "Produzieren sie nicht solche Schlagzeilen wie damals in Fulda", warnte er die Thüringer. Letztlich könne ganz Mitteldeutschland von der Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen München und Berlin profitieren. Dies gelänge aber nur, wenn man sich rechtzeitig um den Ausbau des Regionalverkehrs bis hin zu den Bussen kümmere. 42.000 Sitzplätze in Hochgeschwindigkeitszügen pro Tag seien eine Riesenchance für Thüringen. "Aber auch ein Risiko. Nämlich dann, wenn die Fachkräfte in einer Stunde zum arbeiten in Nürnberg sein können", merkte Kemmerich an.
Heinz Untermann bilanzierte abschließend: es sei klar geworden, dass der Lagevorteil Thüringens mit dem ICE-Drehkreuz Erfurt ausgebaut werden könne. Man habe viele neue Informationen sammeln können, die für die weitere Arbeit der Fraktion sehr hilfreich sein werden. Er kündigte eine weitere Veranstaltung zum Thema Güterverkehr an. "Die Chancen für Thüringen müssen wir nutzen, solang noch Zeit dafür ist. Nach der Fertigstellung 2017 ist es schon zu spät", so Untermann abschließend. Deshalb fordert er die Landesregierung auf, endlich zu handeln.