Erfurt. Thüringens FDP-Generalsekretär und Bundestagsabgeordnete Patrick KURTH gab der "Thüringer Allgemeine" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Martin Debes.
Frage: Herr Kurth, ist die FDP nunmehr politisch insolvent?
KURTH: Nicht im mindesten.
Frage: Die Thüringer Ministerpräsidentin sieht das etwas anders.
KURTH: Christine Lieberknecht sollte aufpassen, was sie über wen sagt. Derartige beleidigende Ausfälle kann sich die Regierungschefin eines Nehmerlandes gegenüber der Bundesregierung nicht leisten.
Frage: Sie hat doch nur Ihre Partei beleidigt. Drohen Sie jetzt mit Geldentzug, weil sich jemand frei äußert?
KURTH: Es fällt jedenfalls schwer, für Thüringer Interessen in Berlin zu werben, wenn die Ministerpräsidentin einem so in den Rücken fällt. Der Freistaat braucht Partner hier, nicht Gegner.
Frage: Zurück zur Insolvenz: Für die Berliner FDP scheint sie ja faktisch eingetreten zu sein.
KURTH: Die Umstände waren in Berlin einfach sehr skurril. So einen Operettenwahlkampf wie hier hatten wir selten. Es gab ja einen Wettbewerb um den inhaltsfreiesten Wahlkampf.
Frage: Bei allem Respekt: Fügt sich da die FDP nicht ganz gut ein?
KURTH: Nein, wir haben hier sehr inhaltlich geworben, und damit möglicherweise auch am Wähler vorbei . . .
Frage: Also ist der Wähler schuld? Wie wäre es mit Ihrer Arbeit in der Koalition im Bund?
KURTH: Der Bundestrend hatte hier in Berlin deutlich weniger Anteil als bei anderen Wahlen. Wenn Berlin die einzige Region ist, an der der Aufschwung komplett vorbeigeht, dann kann die Bundesregierung machen, was sie will. Diese Stadt ist eine Nummer für sich.
Frage: Jetzt ist also der Wähler auch noch dumm. Dass die Koalition sich immer stärker zerstreitet, zählt für Sie nicht?
KURTH: Richtig ist, dass die Bundesregierung dafür gesorgt hat, dass es keinen Rückenwind gab. Und richtig ist auch, dass unsere Freunde in Berlin gegen einen starken Bundestrend ankämpfen mussten. Aber es der Koalition in Gänze in die Schuhe zu schieben, das halte ich dann doch für zu einfach.
Frage: Eine Koalition im Übrigen, die manche in Ihrer Partei infrage stellen. Sie auch?
KURTH: Nein. Das, was als Streit wahrgenommen wird, ist ein notwendiger Meinungsaustausch. So funktioniert Demokratie. Abgesehen davon, ist sich die Koalition zum Beispiel natürlich darin einig, die EU voranzubringen und den Euro als starke Währung zu erhalten.
Frage: Weshalb Ihr Parteivorsitzender die Börsen mit Spekulationen über eine Pleite von Griechenland beunruhigt?
KURTH: Herr Rösler ist nicht den Finanzmärkten verpflichtet, sondern den Bürgern. Die fragen, was mit ihrem Geld geschieht. Und sie erwarten sich von der Politik klare und ehrliche Worte. Die hat ihnen der Vizekanzler gegeben. Außerdem hat das, was er sagte, nicht dem Dax geschadet, im Gegenteil.
Frage: Sie sagen, diese Bundesregierung ist gut für Europa?
KURTH: Also ich bin sehr froh, dass in diesen Krisenzeiten diese Koalition regiert. Da ich ja schon zwei Jahre im Bundestag sitze, habe ich ein Gefühl dafür, was auf den deutschen Steuerzahler zukäme, wenn Gabriel und Trittin hier führten. Dann würden wir für ganz Europa haften.
Frage: Und deshalb werden Sie sich an das Votum des Mitgliederentscheides halten, auch wenn der negativ für einen erweiterten Rettungsschirm ausfällt?
KURTH: Ich werde mich unter anderem auch davon leiten lassen.
Frage: Letzte Frage: Was passiert jetzt mit Guido Westerwelle ?
KURTH: Gar nichts. Die Debatte um ihn ist beendet.