"Der Aufwand des Zensus vor allem für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger steht in keinem angemessenen Verhältnis zum möglichen Informationsgewinn." Diese Auffassung vertritt der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Thüringer Landtag, Dirk Bergner, jenseits des "grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Unbehagens". Zwar sehe der FDP-Innenexperte durchaus das Bemühen um eine Begrenzung des Aufwands, indem nur Teile der Bevölkerung herangezogen würden, doch seien dabei etliche Aspekte "recht problematisch".
So erschließt sich dem Liberalen nicht, worin der statistische Vorteil liegen solle, wenn 30.000 Bewohner von Studentenwohnheimen, Gefängnissen und Notunterkünften befragt würden und welche Wertigkeit diese Einrichtungen für den Freistaat möglicherweise im Vergleich untereinander hätten
oder worin der statistische Unterschied zwischen einem Studenten im Wohnheim und einem zur Untermiete bestehe. Auch biete die grundsätzliche Verpflichtung von Hausbesitzern nicht viel, "was für eine statistische Gleichverteilung spricht". Ein weiteres Problem sieht Bergner, der zugleich ehrenamtlicher Bürgermeister in der Stadt Hohenleuben ist, darin, dass etliche Häuser allein von betagten Senioren bewohnt werden, deren Gesundheitszustand sowohl Probleme mit der Beantwortung als auch einen kaum zumutbaren Aufwand für die Betroffenen und vor allem eine überflüssige Aufregung erwarten ließe. "Auch die vielen Pendler, die in der Woche ihren Broterwerb außerhalb von Thüringen verdienen, empfinden wenig Begeisterung dafür, in ihrer knappen Freizeit staatliche Formulare auszufüllen", weiß Bergner aus zahlreichen persönlichen Gesprächen.
Jeder Einzelne sei von Geburt an in zahlreichen Dokumenten und Registern erfasst, über jedes Gebäude lägen Ämtern spätestens ab dem Bauantrag umfassende Unterlagen vor, nahezu jeder Baum und Strauch könne per Luftbild abgerufen werden, "wo dort der wirkliche Erkenntnisgewinn einer gewiss nicht fehlerfreien Erfassung liegen soll, ist sicher streitbar", so der FDP-Politiker weiter. Spannend werde die Frage, wie etwa verfahren werden soll, wenn die Angaben aus der Befragung aus fachlicher Unwissenheit im Widerspruch zu einer zwanzig Jahre alten Baugenehmigung stünden und das Haus vielleicht längst einen anderen Besitzer habe. "In meinen Augen ist der Eingriff in die informelle Selbstbestimmung der Bürger, den ein Zensus nun mal darstellt, weder notwendig noch erfolgreich", sagt Bergner abschließend.