Vier Millionen Euro gab Thüringen für seinen eigenen Fachkräfteservice aus - und bewegte damit nur 400 Pendler zur Rückkehr. Wirtschaftsminister Machnig ist das zu wenig. Er will ein neues Konzept. CDU und Opposition sind sauer.
Erfurt - Das Thüringer Wirtschaftsministerium stellt den von der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) betriebenen Unternehmer- und Fachkräfteservice in seiner bisherigen Form ein. Wegen des geringen Erfolgs laufe das mit insgesamt vier Millionen Euro finanzierte Programm Ende März aus, sagte Ministeriumssprecherin Larissa Schulz-Trieglaff gestern auf Nachfrage in Erfurt. Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) habe die LEG beauftragt, ein neues Konzept für die Anwerbung von ausgewanderten Fachkräften und Pendlern zu erarbeiten. Seit Projektstart im April 2008 seien rund 400 Fachkräfte vermittelt worden. Aus Machnigs Sicht waren das zu wenige. Der Fachkräfteservice war noch von der CDU-Alleinregierung geschaffen worden.
Mit Gesprächen an Bahnhöfen und Anzeigenkampagnen sollten Pendler und Abwanderer zurück nach Thüringen gelockt werden. Wie das neue Konzept aussehen werde, sei völlig offen, sagte Schulz-Trieglaff. Auch die finanzielle Ausstattung des möglichen neuen Angebots sei noch völlig offen. Ziel sei eine bessere Vernetzung mit anderen Akteuren auf dem Arbeitsmarkt, um doppelte Strukturen zu vermeiden.
Der Fachkräfteservice der LEG war zu Beginn des Projekts in die Kritik geraten, weil die Thüringer Arbeitsagenturen bereits eigene Ideen zur Anwerbung von Abwanderern und Pendlern umgesetzt hatten. So hatte die Agentur für Arbeit Suhl zum Beispiel Sprechstunden am Freitagabend und Samstagmorgen angeboten.
Beim Koalitionspartner stieß die Entscheidung des Wirtschaftsministers gestern auf scharfe Kritik. CDU-Arbeitsmarktexperte Gerhard Günther verwies auf den Koalitionsvertrag. Dort sei vereinbart worden, dass der Fachkräfteservice weiterentwickelt und nicht ersatzlos gestrichen werden solle. "Plattmachen ist noch keine Formgebung", sagte Günther.
Nach Einschätzung der FDP war der Schritt längst überfällig. Der Fachkräfteservice sei gescheitert, sagte FDP-Wirtschaftsexperte Thomas Kemmerich. Statt Aktionen wie "Brötchenverteilung" an Bahnhöfen sei ein enges Netzwerk nötig. Die Verbindung zwischen gesuchten Fachkräften und suchenden Unternehmen sei in Thüringen immer noch "mangelhaft". Erfolge gebe es meist nur in der Nähe von Hochschulen. Kemmerich forderte eine zentrale Anlaufstelle für Wirtschaft und Fachkräfte. "Ein Weiterso mit ständig neuen Landesprogrammen bei mehrjähriger Laufzeit, viel Personal und ohne ausgegorenes Rezept kann es nicht mehr geben", sagte der FDP-Politiker.
Linke-Arbeitsmarktpolitikerin Ina Leukefeld verurteilte den Entschluss zur Einstellung als voreilig. Einrichtungen wie der Fachkräfteservice bräuchten Zeit, um sich zu etablieren. Schon jetzt gebe es einen permanent wachsenden Bedarf im Mittelstand sowie im Gesundheits- und Sozialbereich. Der Grünen-Abgeordnete Dirk Adams forderte als Konsequenz eine Abkehr vom "Billiglohnland".