Von Jens Wenzel
Zuerst das Chaos, als der Schnee zu Weihnachten den Nahverkehr über Tage komplett lahmlegte, dann die Ampeln, die den Jahreswechsel auf 2011 nicht verkrafteten - und nun wird Erfurt mit einem Kreisverkehr zum weltweiten Gespött.
Erfurt - Der Herrenberg ist eigentlich ein ganz normales Wohngebiet: Einige Plattenbauten, ein Einkaufsmarkt, Ärztehaus, eine Kinderkrippe, am Rande des Gebietes sogar ganz normale Einfamilienhäuser und vorn und hinten eine Ausfallstraße, die Außenbezirke und Autobahn-Anschlussstelle mit dem Zentrum der Thüringer Landeshauptstadt verbinden. Und die Zufahrtsstraße zum Wohngebiet, die beide Magistralen verbindet. Eigentlich nichts, was jemanden woanders hinter dem Ofen hervor locken könnte.
Und doch sind genau das die Zutaten zu einem weltweiten Star im Internet-Portal Youtube: Erfurts Stadtväter waren nämlich auf die Idee gekommen, im Herzen des Herrenbergs einen Kreisverkehr auf die Straße malen zu lassen - ein Umstand, mit dem die Autofahrer ganz offenkundig nicht klarkommen. Ein Anwohner hat es gefilmt und die erschreckendsten Aufnahmen ignoranter, überforderter oder vielleicht auch nur ahnungsloser Autofahrer ins Internet gestellt. Und die Welt amüsiert sich: Fast eine Viertelmillion Mal wurde das Video inzwischen schon angeklickt. Ob Spiegel, Auto-Bild oder Berliner Zeitung: Die Erfurter Kreisel-Sorgen haben längst die Runde gemacht.
Das Problem ist - wie das Video zeigt - dass der Kreisverkehr schlichtweg nicht für voll genommen wird. Einfach ein paar Kreise auf eine Kreuzung gemalt, die zuvor bestimmt 40 Jahre lang mit zwei sich rechtwinklig kreuzenden Straßen ausgekommen war, ist ganz offenkundig zu wenig. Zumal im Gegensatz zu benachbarten Landkreisen die Erfahrungen der Erfurter Autofahrer mit Kreisverkehren im eigenen Ort wirklich nahezu null sind. Aber anderswo sind solche Kreisel auch in der Mitte schön grün bepflanzt oder mit Holpersteinen aufgepflastert, so dass niemand freiwillig darüberbrettert.
Also hatte man in Erfurt noch eine Idee. Passend zu den Thüringer Landesfarben Rot und Weiß (bekannt durch den gleichnamigen Erfurter Fußballclub) sollte der weiße Kreis rot ausgemalt werden. Eine Idee, die aber wohl doch wieder verworfen wurde, als der FDP-Stadtrat und Landtagsabgeordnete Thomas Kemmerich das Ganze einen "Treppenwitz" schalt und eine winterfeste Lösung verlangte. Schließlich hatte die Stadt Erfurt erst zum Jahresende vor rund 35 Zentimetern Schnee kapituliert und zwischen Heiligabend und der ersten Januarwoche auf weite Teile ihrer Straßenbahn- und auch einiger Buslinien verzichtet. Logisch: Unter so viel Schnee sieht man auch den rot gemalten Kreisel nicht. Auf die Idee, den Schnee verkehrsregelnd in der Mitte des Kreisels abzulagern, ist zwischenzeitlich offenbar niemand gekommen. Jetzt bringt es auch nichts mehr, da der Schnee in der Thüringer Landeshauptstadt komplett weggeschmolzen ist.
Stattdessen soll es bereits Angebote aus anderen Kommunen geben, den Erfurtern ein paar Blumenkübel zu sponsern, damit aus dem Kreisel wirklich eine runde Sache wird. Immerhin hatte die Kreisverkehrs-Idee dafür gesorgt, dass am Herrenberg keine Ampel aufgestellt werden musste. Schließlich waren einige wichtige Erfurter Lichtzeichen mit Software-Problemen in das neue Jahr gestartet: Chaotische Zustände waren die Folge.
Böse Zungen lästern schon: Die anerkannte Karnevalshochburg Erfurt will sich ja nur genug Themen für die anstehende sichern. Möglicherweise ja auch als Entschädigung dafür, dass wegen ähnlicher Pannen des kommunalen Winterdienstes der Karnevalsumzug 2010 abgesagt werden musste.