Berlin, 14.3.2003. Der Bundestagsabgeordnete und FDP-Landesvorsitzende Karlheinz Guttmacher hat nach der Regierungserklärung des Bundeskanzlers verdeutlicht, dass sich seine Vermutungen bestätigt hätten. Die Rede sei, von Ausnahmen abgesehen, vage gehalten worden und hätte Selbstverständlichkeiten wiedergegeben. "Der große Aufbruch, den Schröder heute starten wollte, wird mit dieser Erklärung nicht gelingen. Weder Zuversicht, noch Zukunftsprognosen und schon gar kein Aufbruchssignal sind von diesem Vortrag ausgegangen. Selbst konkrete Maßnahmen sind mit Ausnahmen sehr dürftig geblieben. Die Rede bestand aus Lyrik und Rhetorik, nicht aber aus Programmatik.", so Guttmacher heute in Berlin.
Schröder habe, so Guttmacher weiter, mehrfach Banalitäten und Altbekanntes zum Besten gegeben. So sei der Umbau des Sozialstaates nötig, staatliche Leistungen sollen gekürzt und von den Einzelnen müsse mehr Eigenleistung gefordert werden. Dabei müssten "alle Kräfte der Gesellschaft" ihren Beitrag leisten. "Dies sind Selbstverständlichkeiten, die wir alle unterschreiben würden. Ein wirkliches Aufbruchsignal geben sie trotzdem nicht. Der Kanzler muss sagen, wo genau es lang gehen soll.", so der FDP-Abgeordnete.
Positiv merkte Guttmacher an, dass Schröder trotz der Drohung von Gewerkschaften und SPD-Linken den Kündigungsschutz flexibilisieren und die Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf Sozialhilfeniveau zusammenlegen wolle. Auch die Ankündigung der Verschlankung des Handwerksrechts und der weiteren Begrenzung der Zahlung von Arbeitslosengeld bei jungen Arbeitnehmern, die trotz Arbeitsangebotes keine Arbeit annehmen, stimmte Guttmacher zu. Der Kanzler habe darüber hinaus eine alte liberale Forderung aufgegriffen: Wer zumutbare Arbeit ablehnt soll sanktioniert werden. Auch damit zeigte sich Guttmacher einverstanden.
Abgesehen von diesen wenigen konkreten Maßnahmen übte der FDP-Landesvorsitzende heftige Kritik an den vorgebrachten Reformversuchen. Das Thema Bürokratieabbau bei kleinen und mittelständischen Betrieben sei bei einer Floskel geblieben: "Wo er was und wie abzubauen gedenkt, hat der Kanzler nicht verraten." Auch die Ausbildungsverpflichtung für die Wirtschaft bezeichnete er als unangebracht. Die Wirtschaft könne nur bei verlässlichen Rahmenbedingungen ausbilden.
Weitere Kritik übte Guttmacher daran, dass die Bundesregierung keine betrieblichen Bündnisse für Arbeit vorsehen würde, den Flächentarifvertrag nicht nachjustieren wolle und die betriebliche Mitbestimmung unangetastet bleibe. Guttmacher hierzu: "Kein Mensch will die Aufhebung der Mitbestimmung. Wir müssen aber über deren Umfang sprechen." Auch das Investitionsprogramm in Höhe von 15 Milliarden Euro bezeichnete der Bundestagsabgeordnete als überflüssig. Der Bund solle Steuern senken und die Steuerreform schleunigst vorziehen. Die Bundesregierung hätte ähnliche Kosten, dafür aber einen wirklichen Antrieb gegeben. Staatsfinanzierter Impulsversuch helfe nicht weiter.
Zusammenfassend habe sich gezeigt, dass die "Aufbruch-Rede" eine mediale Inszenierung des Bundeskanzleramtes war: "Der Kanzler ist ungenau geblieben und hat ganz in seiner Tradition verschiedene Reden zusammengefasst und Phrasen ins Blaue geschossen. Anschließend wird er abwarten, wie sich die einzelnen Interessengruppen verhalten werden." Abgesehen von den wenig direkten Ankündigungen erwartet Guttmacher keine direkten Taten des Bundeskanzlers. Zur tatsächlichen Zukunft der Wirtschaft und des Landes habe der Kanzler nichts handfestes zu verkünden gehabt. Aus der angekündigten "Ruck-Rede" sei eine "Weiter-so-Rede" geworden, erklärte Guttmacher zusammenfassend.