PRESSE AKTUELL - TLZ, 13.08.09

FDP-Wirtschaftsexperte Kemmerich: Investitionen konstruktiv begleiten statt immer neuer Hürden

Erfurt / Weimar. (tlz) Auf die Frage, ob er der neue Wirtschaftsminister einer schwarz-gelben Regierung in Erfurt sei, lacht Thomas Kemmerich und hebt abwehrend die Hände: Nein nein, über Posten will der Wirtschaftsexperte der FDP gar nicht reden. Aber unstrittig ist, dass Kemmerich sich tief in die Materie eingearbeitet hat, dass er als Gegenpart zu Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz immer wieder in den Wahlpodien sitzt und dass die FDP natürlich in einer möglichen Koalition auch ein Auge auf das Wirtschaftsressort als eines der klassischen liberalen Politikfelder werfen wird.

Also muss sich Kemmerich auch die Frage stellen, was denn die CDU-Landesregierung in der Wirtschaftspolitik falsch mache und was er, pardon die FDP, gegebenenfalls besser machen würde. "Wir werden Wirtschaftspolitik machen statt einer Wirtschaftsförderpolitik", kommt es dann wie aus der Pistole geschossen. Visionär müsse Wirtschaftspolitik sein, längere Horizonte abdecken. Und was heißt das konkret? Kemmerich lehnt sich zurück: "Der Staat muss weniger mit Fördermitteln in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen. Die Wirtschaft schafft Arbeitsplätze."

Nein, das heiße natürlich nicht, dass man Fördergelder kürzen würde, betont Kemmerich aber fast im gleichen Atemzug. "Es heißt nicht weniger Fördergelder, sondern mehr Gelder in die Schaffung von Strukturen." Und außerdem werde in Thüringen derzeit zu sehr den großen Unternehmen hinterher gerannt statt sich um die kleinen Unternehmen zu kümmern. "Prestigeprächtige Projekte werden gefördert, die Kleinen kommen nicht vor."

Bereich Arbeit ausgliedern

Und was wollen die Liberalen konkret tun für den Mittelstand? Abschreibungsmöglichkeiten verbessern, auf Bundesebene auf eine Reform der Erbschaftssteuer-Regelungen hinwirken, die immer noch für die Unternehmensnachfolge hinderlich seien. Und vor allem, dem Mittelstand mehr Freiheit lassen, ihn von Bürokratie entlasten. Und natürlich der Verwaltung Beine machen. Denn die ist Kemmerich insgesamt viel zu wirtschaftsunfreundlich. "Sie muss konstruktiv Investitionsvorhaben begleiten, statt immer neue Barrieren aufzubauen", stellt er als Forderung ganz weit oben an.

Wenige hält er von der SPD-Idee, Umwelt- und Wirtschaftsressort miteinander zu koppeln. Zu viel Grün in der Wirtschaftspolitik bringt seiner Einschätzung nach das Land nicht voran. Umweltbelange seien natürlich wichtig, aber dürfen die Wirtschaftspolitik nicht dominieren, kritisiert er auch den von der SPD präsentierten Schatten-Wirtschaftsminister Machnig, der aus dem Bundesumweltressort kommt. "Wenn man beides zusammenfasst, dann leidet entweder die Umwelt- oder die Wirtschaftspolitik", macht Kemmerich seine grundsätzlichen Bedenken gegen ein solches Konstrukt deutlich.

Aber er denkt noch an einen anderen Schritt: Kemmerich regt an, ob es nicht sinnvoll wäre, auch das Wirtschaftsressort wieder von dem Bereich Arbeitsmarkt zu trennen. Wie auf Bundesebene könnte der dann beispielsweise im Sozialressort angesiedelt werden. Eine solche Lösung wäre aus seiner Sicht sinnvoll, weil der Wirtschaftsminister sich dann wirklich wieder um die Wirtschaft und deren Belange ausschließlich kümmern könnte - ein echter Wirtschaftsminister sozusagen, ohne sich mit anderen Politikbereichen zu belasten. Kemmerich würde eine solche Aufgabe sicher reizen.


13.08.2009 Thüringische Landeszeitung - von Hartmut Kaczmarek