Erster Auftritt des SPD-Superministerkandidaten bei IHK-Forum "Thüringen wählt" / Opel-Rettung entzweit
Die Thüringer Wirtschaft steckt in der Krise. Darin waren sich Spitzenpolitiker von fünf Parteien gestern im IHK-Forum einig. Über die Wege aus dem Tief aber wurde heftig gestritten. Und auch die Opel-Rettung teilte die Diskussionsrunde in Befürworter und Gegner.
Von Bernd Jentsch
ERFURT. Große Konzerne sucht man in Thüringen vergebens - der Mittelstand dominiert die Wirtschaft des Landes. Grund genug für Unternehmer des Freistaates, sich die Konzepte der Parteien zur Mittelstandspolitik nach den Wahlen anzuhören. Gestern Abend strömten derart viele Interessierte in die Erfurter Industrie- und Handelskammer, dass Stühle beschafft werden mussten.
Wie nicht anders zu erwarten, hob Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz die Erfolge der bisherigen Wirtschaftspolitik hervor. Dafür stünden die niedrigste Arbeitslosigkeit der neuen Länder und ein Spitzenplatz bei der Industriedichte, sagte der CDU-Politiker: "Und jede fünfte Solarfirma Deutschlands sitzt in Thüringen."
Das Land nutze die vorhandenen Möglichkeiten der erneuerbaren Energien viel zu wenig, konterte der Umweltstaatssekretär und designierte Superminister einer SPD-Regierung in Thüringen, Matthias Machnig. Es sei die SPD gewesen, die eine drastische Kürzung der Einspeisevergütung in der Solarbranche verhinderte, sagte Machnig. "Sie habe ich auf dem entscheidenden parlamentarischen Abend nicht gesehen", hielt Reinholz dagegen. Aus seiner Sicht haben die mitteldeutschen Länder die Kürzungspläne zu Fall gebracht.
Bei einer schwarz-gelben Koalition im Bund wären die erneuerbaren Energien tot, warnte der Grünenpolitiker Frank Augsten. Dann habe die Atomlobby das Sagen. Augsten sieht in Thüringen die Ernährungsbranche in einer tiefen Krise, die niedrigen Preise bedrohten viele Firmen akut, sagte er in der von TA-Redakteur Dietmar Grosser moderierten Runde.
Wenn Thüringen so gut dastünde, wie von Reinholz beschrieben, würden nicht täglich 121 Menschen dem Land den Rücken kehren, so der Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow.
Die Förderkonzepte auf kleine Firmen konzentrieren, will FDP-Politiker Thomas Kemmerich allerdings mit seiner Ankündigung, die Opel-Beschäftigen in Eisenach besser bei der Suche nach Alternativ-Arbeitsplätzen zu unterstützen, statt Überkapazitäten im Automobilbau zu zementieren.
"Sie sind ein Standortrisiko für Thüringen", fiel ihm Ramelow ins Wort. Er erneuerte seine Forderung, dass die Länder Opel gemeinsam mit Händlern und Mitarbeitern kaufen sollten, um die Jobs zu sichern und in neue Modelle zu investieren.