PRESSE AKTUELL - tzb, Ausgabe 02/2009

4. Deutscher Mittelstandstag
von Dr. Karl-Heinz Müller

Am 7. und 8. November 2008 trafen sich bundesweite Vertreter des Liberalen Mittelstandes auf Einladung der Thüringer Liberalen Mittelstandsvereinigung in Erfurt.

Heimliche Sieger?
Der Vorsitzende des Liberalen Mittelstandes Thüringen e. V. und Mitglied des FDP - Landesvorstandes, Thomas L. Kemmerich, stellte in seiner Programmansprache fest: "Ein bekanntes Nachrichtenmagazin betitelte den deutschen Mittelstand kürzlich als den heimlichen Sieger am Wirtschaftsmarkt." Angesichts hoher bürokratischer Hürden im Alltag, fehlgesteuerter Gesetzesinitiativen und den sich hartnäckig haltenden Trend, die Stimmung am Markt schlechter zu reden als sie ist, wird der liberale Mittelstand diesem Titel nicht nur gerecht, sondern er hat ihn auch verdient, so seine Worte: "Wir sind die Sieger am deutschen Markt".

Di inhabergeführten Unternehmen stehen mit vollem Risiko für das Wohl ihres Unternehmens. Dabei tragen sie auch die langfristige Verantwortung für ihre Mitarbeiter, erhalten Arbeitsplätze und wirken so auch in Zukunft eigenverantwortlich für das gesamtgesellschaftliche Wohl.

Auch wir Zahnärzte gehören gemeinhin zum Mittelstand. Fühlen wir uns als Sieger? Ja und nein. Schauen wir auf die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen, ist das Siegertreppchen doch ganz schön weit weg. Schaut man auf die Förderprogramme, wie sie jetzt durch Banken und Industriekonzerne in Anspruch genommen werden, sind Medaillen für mittelständisches Engagement auch nicht in Sicht. Irgendwie kommt man sich wie ein ungedopter Fahrer bei der Tour de France vor. Sucht man aber nach funktionierender Struktur, dann beweist der Mittelstand jedem Großunternehmen, was wirklich funktioniert, wo wirkliche Verantwortung und Verantwortlichkeit für unternehmerisches Handeln zu finden ist. Allein in Thüringen werde 98 Prozent der Wirtschaftskraft durch Mittelständler geschaffen, so Dr. Heinrich L. Kolb, MdB und Vorsitzender des Liberalen Mittelstandes e. V. Und so übte denn auch Kemmerich scharfe Kritik an der Mittelstandspolitik der Landesregierung. Sie würde besonders Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigen stiefmütterlich behandeln. Die vom Ministerpräsidenten Dieter Althaus und vom Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz (beide CDU) betonte Mittelstandsfreundlichkeit sei lediglich eine plakative Behauptung. Mit Blick auf die demographische Entwicklung stehe das Land in der Pflicht, noch mehr für Aus- und Fortbildung sowie gegen die anhaltende Abwanderung junger Eliten zu tun.

Da wären die Fragen der Unternehmensnachfolge, des Unterschieds zwischen Finanzmarkt und Realwirtschaftsmarkt, die Mindestlohndiskussion und der Gesundheitsfonds. Kolb hat den Eindruck, das Gesundheitswesen gleiche auch künftig einem Dschungel. Nur die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt scheint überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein. Für ihn gleicht Ulla Schmidt der Schlange KA aus dem Dschungelbuch, die mit ihrer hypnotisierenden Stimme (Schmidt) ihre Gegner einschläfert. Kolb hofft, dass sie, genau wie es der Buchheld Mogli schafft, nicht erfolgreich sein wird.

Prof. Dr. Christian C. Juckenack, Staatssekretär für Wissenschaft, Technologie und Arbeit im Wirtschaftsministerium Thüringen, sprach stellvertretend für den Ministerpräsidenten Dieter Althaus die Grußworte. Er stellte einen noch immer existierenden Strukturbruch zwischen Ost und West fest. So hätte die Landesregierung bei der Bundesgartenschau in Gera durch die Besucherbefragung festgestellt, dass 50 Prozent der Bundesbürger noch nie in den jungen Ländern gewesen seien.

In der anschließenden Podiumsdiskussion "Der Gesundheitsfonds - Einfallstor für die Einheitskasse" sprachen unter Moderation des stellvertretenden TLZ-Chefredakteurs Hartmut Kaczmarek, MdB Dr. Heinrich Kolb (FDP), MdB Frank Spieth (Die Linke), Sven Auerswald, 2. Vorstandsvorsitzender des Vorstands der KV Thüringen, Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekenverbandes und Franz Georg Stall, Leiter des Unternehmensbereichs Gesundheitsmanagement der IKK Thüringen.

Die Zusammensetzung der Runde sollte eigentlich Gewähr für eine kontroverse Diskussion liefern, aber weit gefehlt. Über die politischen Anschauungen und Interessengegensätze hinweg fand das Podium nur Ablehnung und Kritik.

Der Gesundheitsfonds wird für Arbeitgeber und Arbeitnehmer teuer, die Krankenkassen rechnen mit gewaltigem bürokratischem Aufwand und von Seiten der Ärzte und Apotheker werden Leistungseinschränkungen vorhergesehen, weil der Fonds unterfinanziert ist. 15,5 Prozent Beitragssatz sind eben politisch und nicht real vorgegeben. Und so weiß Stall (IKK Thüringen) wohl, was die Ausgabenseite ausmacht, aber den Saldo auf Einnahmenseite der Krankenkasse kennt er noch nicht, denn dessen Berechnung erfolgt nach einem kompliziertem Schlüssel, wobei die Anzahl chronisch Kranker eine große Rolle spielt.

Von der Unterfinanzierung des Gesundheitsfonds warnen sowohl der Liberale Kolb als auch der Linke Spieth. Diese "rot-gelbe Koalition" konnte sich mit ihren gemeinsamen Bedenken, die auch von vielen Experten geteilt werden, in Beratungen des Bundestages nicht durchzusetzen. Spieth und Kolb betonten, dass drei Milliarden Euro von Anfang an fehlten.

Sicher sei schon heute, dass die Krankenkassen nicht umhin kommen werden, Zusatzbeiträge von den Versicherten zu erheben. Dadurch komme eine zusätzliche Bürokratie auf die Kassen zu. Für jeden einzelnen Versicherten müsse ein eigenes Versichertenkonto geführt werden, und dieses allein würde wiederum Beträge von zwei bis vier Euro an Verwaltungskosten ausmachen.

Und so blieb mir als "Sieger" wieder nur die Erkenntnis, dass die Schiedsrichter nicht fair pfeifen.


18.02.2009 Thüringer Zahnärzte Blatt (tzb)