Die Krawatte sitzt auf halb acht. Der Hemdkragen sieht aus, als hätte er dem Würgegriff eines politischen Widersachers nur gerade eben widerstehen können.
Schlief er wieder mal im Anzug?
Kurzum, unser Ministerpräsident hat wahrscheinlich mal wieder in seinem Anzug geschlafen. So lästern zumindest inzwischen hochrangige Unternehmer. Der Arme, ständig ist Dieter Althaus (50) unterwegs zum Wohl des Landes. Und zur eigenen optischen Katastrophe gesellt sich immer mal eine Art Katastrophenstimmung in der Thüringer Christdemokratie. "Dieter Lustlos", frotzeln bereits gehässig Parteigänger in Anlehnung an die böse Metapher "Angela Mutlos", die in der Finanzkrise zaudere statt zuzupacken…
In Sachen Erscheinungsbild läuft ein potentieller Koalitionspartner des kommenden Jahres der CDU-Spitze inzwischen den Rang ab. Die FDP putzt sich (als Braut?) heraus. Nicht nur Chefmittelständler Thomas Kemmerich (Motto: Hauptsache, die Haare liegen!) setzt Akzente. Parteichef Uwe Barth (44) trägt gar neuerdings perlmuttglänzende Manschettenknöpfe und seine Initialen am frisch gestärkten Ärmel seines edlen Oberhemdes.
Aber seien wir ehrlich. Wenn unsere Jungs (und Mädels) oben sich nun verschärft stylen, so kommen wir doch nicht aus der den Erdball umspannenden und Thüringen knebelnden Krise. Wir brauchen entschiedenes Handeln. Die Liberalen stehen traditionell im Ruf, der Wirtschaft wieder auf die Sprünge zu helfen. Doch wie sieht es in Wirklichkeit aus mit ihrem Personalaufgebot? Der Physiker Barth will logisches Denken im Landtag verankern. Klingt gut. Und tut sicher not. Doch um die Bundestagsplätze gibt es Gedränge. Polit-Routinier Peter Röhlinger, auf der Beliebtheits-Skala nicht nur in Jena nach wie vor ganz oben (jüngst wurde er beim Opernball geradezu bejubelt, wenngleich das Fehlen seines Nachfolgers als OB dann doch auffiel), zieht es ebenso nach Berlin wie Generalsekretär Patrick Kurth. Letzterer, durchaus von Fall zu Fall kompetent, hat seinen Lebensmittelpunkt in Berlin und Deutlich spürbar nicht eben in Thüringen.
Was beide besonders verbindet: Mit Wirtschaftskompetenz und -handeln werden ihren Namen eher weniger in Verbindung gebracht. Deshalb strebt der einstige Wirtschaftsförderer Stefan Feuerstein (56) nach vorn. Der Unternehmer und engagierte Thüringer Aufbau-Mann ist der Meinung, die richtigen Konzepte vorweisen zu können, wird jedoch von der Parteispitze eher gemieden.
Weshalb? Hat Bath seinem Getreuen Kurth den Berliner Job versprochen, als Dank für jahrelange Kärmerarbeit an der oftmals zickigen Parteibasis? Geschickt eingefädelt ist das Generationen-Tandem Röhlinger (69) und Kurth (32) ja eigentlich. Immerhin verfällt die FDP damit nicht dem Jugendwahn manch anderer Partei. Der demografische Faktor lässt grüßen.
Thüringen braucht die Liberalen
Fest steht aber auf jeden Fall: Für den Einzug in den Bundestag reicht es allerhöchstens für die Kandidaten auf den ersten beiden Plätzen. Oder anders formuliert: Drei sind einer zu viel! So hieß in den 70ern übrigens auch eine Kultserie mit Jutta Speidel. Und mit der wiederum kennt sich Herr Feuerstein bestens aus. Der FDP-Mann war einst mit der Münchner Schauspielerin verheiratet und hat mit ihr zwei Töchter… Ob das kein gutes Omen ist? Wie auch immer: Thüringen braucht die FDP und dort Vormänner (und -frauen), die - eben - wirtschaftspolitisch nach vorne gehen. Mit dem lahmen Thüringer Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz von der CDU (O-Ton sinngemäß: Ich habe eigentlich dieses und nächstes Jahr gar keinen Termin mehr frei!) ist doch wahrlich kein Blumentopf mehr zu gewinnen.