Das zum 1. Juli in Kraft tretende Nichtraucherschutzgesetz stößt auf breite Ablehnung
"Ich bin konsequente Nichtraucherin", sagt die Erfurterin Marlis Hollick. "Rauchen stört mich, ich leide darunter. Aber ein Rauchverbot in Gaststätten und Kneipen befürworte ich nicht. Es vernichtet Existenzen und das kann niemand ernsthaft wollen."
AA (Erfurt) Selbst militante Nichtraucher teilen die Auffassung von Marlis Hollick: Rauchverbot nein, Kennzeichnung schon an der Eingangstür, ja. Dann kann jeder Gast selsbt entscheiden, welcher gastronomischen Einrichtung er den Vorzug gibt.
Zum 1. Juli tritt das von der Thüringer Landesregierung verabschiedete Nichtraucherschutzgesetz in Kraft. Der Liberale Mittelstand Thüringen, die Erfurter FDP und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) wenden sich dagegen. Am Samstag durften Interessierte mit Vertretern dieser Institutionen auf dem Erfurter Anger ins Gespräch kommen. "Wir akzeptieren nicht, dass dem Bürger in punkto Nichtraucherschutz jegliche Wahlmöglichkeit abgesprochen wird", erklärt Thomas Kemmerich, Kreisvorsitzender der Erfurter FDP und Landesvorsitzender des Liberalen Mittestandes. "Selbstverständlich verstehen wir, dass Mitarbeiter vor den Folgen des Passivrauchens geschützt werden müssen. Dass Rauchen in öffentlichen Gebäuden tabu ist, finden wir völlig in Ordnung. Gaststätten und Kneipen jedoch müssen um ihre Existenz fürchten."
"Ich finde es immer sehr amüsant, wenn sich Politiker auf die Seite der Mehrheit stellen", sagt Dirk Ellinger. "Bei einem statistischen Anteil von 70 % Nichtrauchern in Deutschland ist das wahrlich keine Kunst. Im Übrigen ging der Umsatz in Thüringer Lokalen dieses Jahr bereits um 14 % zurück - auch ohne Rauchverbot. Ab 1. Juli dürfte sich die Situation dramatisch verschärfen."
Von einer Verschlimmerung der Situation geht auch die Erfurter Betriebsberaterin Gudrun Wiegard aus. In ihrem Klientel befinden sich einige Gaststätten, die nicht über die geforderte Abtrennung mittels zweier Räumlichkeiten verfügen. "Mit dem Rauchverbot sind diese Kneipen definitiv platt" ist sie überzeugt. Privat empört sich die Raucherin über das ins Haus stehende Verbot: "Mit dem Rauchen können wir auch gleich den Alkohol verbieten. Ich habe mehr Angst vor einem Betrunkenen als vor einem Raucher." Corinna Wenzig, Inhaberin der Gaststätte "Zum Goldenen Lamm" in Gierstädt verfügt zwar über zwei Gasträume, hat für die Zukunft jedoch andere Bedenken: "Die Räume müssen im Winter geheizt werden. Mir wird ganz schwindelig, wenn ich an die Kosten denke." FDP, Liberaler Mittelstand und DEHOGA halten die Umsetzung des Nichtraucherschutzgesetzes zum 1. Juli in Thüringen auch vor allem deshalb nicht für angebracht, weil eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) noch aussteht. Derzeit sind vor dem BVerfG mehrere Klagen von Wirten anhängig, die im gesetzlichen Rauchverbot eine Einschränkung ihrer Berufsfreiheit sehen. Umsatzeinbrüche haben sich in anderen Bundesländern mit geltendem Verbot bereits bestätigt.
Thomas Kemmerich: "Die Landesregierung muss die Ängste der Wirte ernst nehmen und für eine Regelung im Sinne von Gast und Gastwirt sorgen. Wir plädieren daher ganz klar für eine Kennzeichnungspflicht."