Von Bürokratie-Abbau nichts zu spüren
Manchmal wiehert der Amtsschimmel in Thüringen ganz schön laut. Thomas Kemmerich schildert so einen Fall. In einem seiner Friseursalons tauchten plötzlich Beamte auf und nahmen Wasserproben, weil sie die Qualität des bei der Haarwäsche verwendeten Wassers überprüfen wollten. Kemmerich konnte ihnen nur sagen: "Wir nehmen das Wasser aus der Wasserleitung. Das liefern die Stadtwerke." Die Beamten blieben aber stur - und stellten für die amtliche Überprüfung der Qualität des Stadtwerke-Wassers in einem Friseursalon immerhin stolze 70 Euro in Rechnung. Bürokratie wohin man schaut. Und viele mittelständische Unternehmer raufen sich die Haare, wenn sie die Formulare bearbeiten müssen, die ihnen da jeden Tag ins Haus flattern. Kemmerich, der Chef des Liberalen Mittelstandes und Bundesvize der Organisation, fordert das Land jetzt zum Handeln auf. "Es kann nicht mehr so weitergehen." Zu viel Zeit und zu viel Kraft müssten die mittelständischen Unternehmer in Thüringen hier investieren. Kemmerich erzählt noch ein anderes Beispiel: Der Jahresabschluss jedes Unternehmens muss jetzt im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Bis 31. Dezember 2007 musste der Abschluss 2006 bearbeitet und eingestellt sein. Früher hat man das Ganze einfach beim Handelsregister eingereicht. Jetzt ist eine Mitarbeiterin mit der Erfassung der Angaben befasst - und das Unternehmen muss noch 75 Euro an Bearbeitungsgebühr abführen. Kemmerich: "Vorher hat das Ganze 20 Euro gekostet." Mit etwas mehr Zusammenarbeit der Behörden untereinander, so Kemmerich, lassen sich jede Menge Synergie-Effekte erzielen. Beispiel: Die Unternehmen erstellen mit viel Mühe Lohnstatistiken für ihre Firma. Sie müssen aber sowieso parallel dazu die abgeführte Lohnsteuer an das Finanzamt melden. Kemmerich fragt sich, warum man durch Vernetzung nicht den Unternehmern die Lohnstatistik erspart. "Das lässt sich doch aus der abgeführten Lohnsteuer eh errechnen." - Wenn man nur will. Aber in Sachen Entbürokratisierung hinkt Thüringen nach Kemmerichs Einschätzung noch weit hinterher. Bei den Unternehmen ist noch nichts von den angeblich vielen hundert Verordnungen, die das Land abgeschafft hat, angekommen. Und auch die viel gepriesene Behördenstrukturreform bringt für das wahre Wirtschaftsleben nichts. Kemmerich: "Wen wundert es da, dass der Unmut vieler Mittelständler mit der Thüringer Landespolitik wächst?"
Quelle: Thüringer Landeszeitung, 05.02.2008, Autor: Hartmut Kaczmarek