Heftige Kritik am rot-rot-grünen Gesetzentwurf zur Änderung des juristischen Vorbereitungsdienstes übt der amtierende FDP-Landesvorsitzende Dirk Bergner. Nachwuchsgewinnung auf einem schmaler werdenden Fachkräftemarkt sehe anders aus.
Das Studium der Rechtswissenschaften gilt gemeinhin als eines der schwierigsten und härtesten überhaupt. Und nach dem ersten Staatsexamen braucht, wer Anwalt oder Richter werden will, ein so genanntes Referendariat. Dabei durchlaufen die jungen Juristinnen und Juristen verschiedene Stationen an Gerichten, in Staatsanwaltschaften, Verwaltungen und Kanzleien. Erst dann und nach dem bestandenen zweiten Staatsexamen sind sie Volljuristen. Das ist nötig, um beispielsweise als Anwalt oder Richter arbeiten zu dürfen. Auch viele Behörden knüpfen den Abschluss als Volljurist an die Einstellungsvoraussetzungen.
"Dass ausgerechnet die Parteien mit der schärfsten Mindestlohnrhetorik das ohnehin nicht hohe Grundgehalt auf gerade einmal 1.100 Euro eindampfen wollen, hat schon einen besonders faden Beigeschmack.", findet FDP-Justizpolitiker Bergner, der selbst in der vergangenen Legislatur dem Justizausschuss im Thüringer Landtag angehörte. Immerhin handle es sich um hoch qualifizierte, junge Leute mit Diplomniveau in einem Alter, in dem viele eine Familie gründen wollen. Meist seien die jungen Absolventen schon durch BAföG-Darlehen verschuldet. "Jetzt noch an jedem dieser jungen Menschen über das gesamte Referendariat insgesamt 6.825 Euro zu sparen, ist nicht fair." Er vermutet darin eine, so wörtlich, "schäbige Neiddebatte gegen angehende Juristen", da in der Öffentlichkeit diese Berufsgruppe oft pauschal als wohlhabend wahrgenommen werde. Dabei werde der lange Ausbildungsweg und der oft schwierige Berufseinstieg verkannt.
"Es scheint so, als traue sich die rot-rot-grüne Koalition an diese Berufsgruppe ran, weil sie dort weniger Unterstützung in der Bevölkerung erwartet.", meint der Freie Demokrat. "Dass im Landeshaushalt endlich gespart werden muss, fordern wir schon sehr lange. Dabei haben wir aber eher an die aufgeblähte Ministerialbürokratie gedacht. Glaubwürdiger wären Linke, Sozialdemokraten und Grüne zudem, wenn sie zuerst bei sich selbst ein Zeichen setzen würden.", macht Bergner auf die "durchaus auskömmliche Entwicklung der Landtagsdiäten" aufmerksam. Er selbst habe seinerzeit einen Antrag in den Landtag eingebracht, die Diäten so lange nicht zu erhöhen, wie der Freistaat Schulden erhöht. "Sozusagen als Leistungsanreiz.", erinnert der Liberale.
Ähnlich sei es heute glaubwürdiger, anderen den Gürtel enger zu schnallen, wenn man zunächst selbst mit gutem Beispiel vorangehe. "Das vermisse ich bei dem Gesetzentwurf der Koalition.", sagt der 50-Jährige. "Unsere Justiz hat erhebliche Probleme in der zeitlichen Abarbeitung von Gerichtsverfahren, und sie steht vor erheblichen Herausforderungen, was die Nachwuchsgewinnung anbelangt. In einer solchen Situation die Attraktivität des Studiengangs weiter zu beschädigen, ist bestimmt nicht hilfreich.", warnt Bergner abschließend.