Auf scharfe Kritik stößt der Vorstoß des Thüringer Innenministers zur Gebietsreform bei den Freien Demokraten. Deren stellvertretender Landesvorsitzender Dirk Bergner meint, das Vorgehen triefe vor Ideologie und enthalte nach wie vor keinen Nachweis, dass die Reform einen Mehrwert bringe. Das werde auch dadurch nicht besser, dass sich der Innenminister um klare Aussagen herum mogele.
"Nach wie vor legt Innenminister Poppenhäger keine prüfbaren Zahlen vor, die eine Effizienz der Gebietsreform belegen würden. Auch die Erfahrungen aus Sachsen und Sachsen-Anhalt liefern einen solchen Beweis noch nicht einmal ansatzweise.", betont der FDP-Innenpolitiker, der auch kritisiert, dass die Landesregierung mit den Kosten, die eine solche Reform bedeute, hinter den Berg halte. "Logisch, nach Aussagen sächsischer Sozialdemokraten beliefen sich dort die Kosten der Anschubfinanzierung auf über 500 Millionen Euro, ohne dass jemand sagen konnte, ob und wann sich das je rechnen wird.", beruft sich Bergner auf eine frühere Veranstaltung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Gera.
Auch die höhere Effizienz größerer Verwaltungen sei in der Praxis kaum als Automatismus belegbar, "noch nicht einmal durch ständiges Wiederholen unbewiesener Behauptungen". Das habe immer etwas mit konkreten Menschen zu tun. "So wie es in kleinen Verwaltungen Menschen mit Fehlern und Defiziten gibt, kommt das auch in größeren vor.", so Bergner weiter, der sowohl als Kommunalpolitiker wie als Bauingenieur "viel mit Verwaltungen zu tun" habe. "Ausweislich der Zahlen des Landesamts für Statistik sind die Pro-Kopf-Kosten der Verwaltung in kleinen Verwaltungen mehrheitlich niedriger als in großen.", betont der Liberale. Dies habe zum Teil sicher auch mit anderen Aufgaben zu tun, aber bei weitem nicht nur. "Bei überschaubaren Verwaltungen im ländlichen Raum wird erfahrungsgemäß den Handelnden wesentlich stärker von den Bürgern auf die Finger geschaut als das in Großstädten möglich ist. Und das ist gut so.", meint der Hohenleubener, der selbst in seiner Stadt ehrenamtlicher Bürgermeister ist.
Wenn also keine Effizienzgewinne und keine Einsparungen nachweisbar seien, gebe es keinen vernünftigen Grund für mehr Bürgerferne. "Statt Zwang vom grünen Tisch aus setzen die Freien Demokraten deshalb auf Freiwilligkeit und auf Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden, anstatt den ländlichen Raum plattmachen zu wollen.", unterstreicht Bergner. Um etwa gemeinsame Bauhöfe oder gemeinsame Ämter zu betreiben, wie beispielsweise bei Standesämtern längst geübte Praxis, brauche man keine Zwangseingemeindungen. Wenn hingegen die zurzeit noch mögliche Mitsprache in der Heimatgemeinde durch Zwangseingemeindungen und die Angabe von Entscheidungsmöglichkeiten an ferne Stadträte und Verwaltungen deutlich verringert würde, beschleunige dies die strukturellen Probleme des ländlichen Raums und schränke demokratische Teilhabe der Bürger ohne Not ein, betont der Freidemokrat und ergänzt: "In kleinen Gemeinden erledigen ehrenamtliche Gemeinderäte oft Dinge, die andernorts nur Verwaltungen machen." Dieses Engagement falle dann weitgehend weg.
"Dass der Innenminister aber, wenn er schon Zwangszusammenschlüsse durchpeitschen will, noch nicht einmal konkret wird, das riecht schon nach einem gehörigen Schuss Feigheit und wird den ohnehin falschen Ansatz nicht besser machen.", kritisiert der langjährige, ehrenamtliche Kommunalpolitiker. Konzeptlosigkeit durch Aktionismus zu kaschieren, werde auf Dauer nicht weiterhelfen, so Bergner abschließend.