"Weniger Arroganz der Macht und mehr Debatte auf Augenhöhe, das ist das, was die Leute wollen", sagte die FDP-Landesvorsitzende Franka Hitzing zum Neujahrsempfang der Thüringer Liberalen und der Jenaer FDP am Freitagabend in Jena. Vor den rund 200 Gästen im Hotel "Schwarzer Bär", darunter zahlreiche Vertreter der Wirtschaft und der CDU-Landesvorsitzende Mike Mohring, forderte sie, die Menschen stärker in die Entscheidungen der Politik einzubinden.
"Entgegen anderer Ankündigungen sind wir noch da und werden es auch bleiben", sagte der Jenaer FDP-Kreisvorsitzende Dr. Thomas Nitzsche in seiner Begrüßung. "Wir haben unsere Fehler erkannt und über alle FDP-Witze mehr als einmal gelacht." Jetzt gelte es den Blick ausschließlich nach vorn zu richten. "Die Botschaft muss nicht lauter sondern überzeugender werden", forderte Nitzsche, der auch Mitglied des Landesvorstandes der Thüringer FDP ist. In Jena stehe nur die FDP für eine vernünftige Wirtschafts- und Verkehrspolitik. Nur die zwei FDP-Abgeordneten hatten sich klar gegen die Gewerbesteuererhöhung und die Schaufensterpolitik eines Anti-TTIP-Beschlusses im Jenaer Stadtrat gestellt. "Die Stadt muss weg davon, den Autofahrer als Feind zu betrachten", forderte Nitzsche eine neue Philosophie in der Verkehrspolitik.
"Man hat den Eindruck, dass sich die Bürger bevormundet und übergangen fühlen und das macht sie wütend", sagte Franka Hitzing mit Blick auf die Pegida-Demonstrationen. Auch im Wirtschaftsbereich höre die Politik nicht auf die Praxis. Als Beispiel nannte sie das Mindestlohngesetz, das ein "bürokratisches Monster" sei. Die Umsetzung der Berichtspflichten bringe neben den kleinen Unternehmen auch Vereine in die Bredouille, sagte Hitzing. Die FDP-Landeschefin kritisierte auch die Planungen der Thüringer Regierung für ein Bildungsfreistellungsgesetz, das nun sogar für Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten gelten soll. "Das geht völlig an der Realität vorbei." Stattdessen sollte Bildung modernisiert und entstaubt werden. "Unser Bildungssystem muss von der Kreidezeit in die Gegenwart transferiert werden", forderte die Lehrerin.
Offene Türen rannte sie dabei beim Festredner des Abends, dem Jenoptik-Vorstandsvorsitzenden, Dr. Michael Mertin, ein. "In Deutschland mangelt es aktuell an einer Institution, die Schluss mit der Partystimmung macht", sagte er unter dem Applaus der Anwesenden. Die Bedeutung der FDP werde vielen Menschen jetzt erst bewusst, da sie im Meinungsspektrum des Parlaments in Berlin und Erfurt fehle. Eine "5 plus x FDP" hätte für eine fundamental andere Politik in Thüringen sorgen können, bedauerte Mertin. Deutschland und Europa bräuchten ein politisches Korrekturelement. Dies könne eine FDP sein, die sich wieder auf klassische Themen fokussiere, Werte klar definiere und glaubhaft kommuniziere. "Investition muss vor Umverteilung gehen." Marktwirtschaft statt Rekommunalisierung, Abschaffung des Solidarzuschlags und der kalten Progression sowie ein Überdenken der Mehrfachbesteuerung und des Mindestlohns - dies seien wirtschaftspolitische Themen für die FDP.