Union und SPD nährten die Illusion, Deutschland könne sich die Verteilung von Wohlstand mit vollen Händen leisten. Jetzt bricht die Konjunktur ein. Im "Handelsblatt"-Gastbeitrag fordert FDP-Chef Christian Lindner eine Rückkehr zu wirtschaftlicher Vernunft. "Statt staatlicher Preiskontrolle bei Löhnen und Mieten, bizarren Subventionen für Ökostrom und einer Frührente braucht Deutschland jetzt ein Comeback der Marktwirtschaft", stellt er klar.
"Schwarz-Rot hat sich für immer neue Wahlgeschenke feiern lassen - die eigenen Versprechen wurden aber mit dem Griff in die Taschen Anderer bezahlt", kritisiert der FDP-Chef. Das Ergebnis: "Nun bricht das Wachstum ein, die Wettbewerbsfähigkeit lässt nach und deutsches Kapital wird zunehmend im Ausland investiert." Die 'Happy Hour' der Großen Koalition sei vorbei und der Kater da, konstatiert Lindner.
Die Liberalen haben klar formulierte Lösungsansätze, um das Steuer wieder herumzureißen. Erstens müsse Finanzdisziplin eingehalten werden, fordert Lindner. "Die 'schwarze Null' ist kein Fetisch, wie es in der SPD heißt, sondern ein unverzichtbares Signal der Stabilität nach Europa", erklärt er. Nicht konjunkturpolitische Strohfeuer förderten dauerhaft das Wirtschaftswachstum, sondern Bürokratieabbau, Investitionen und eine rationale Energiepolitik. Unter anderem müsse die Steuer auf Energie halbiert und das Erneuerbare-Energie-Gesetz abgeschafft werden.
Arbeit attraktiver machen
Die kalte Progression stelle einen staatlichen Lohnklau dar, der Millionen Facharbeitern, Angestellten und Leistungsträgern Motivation und Aufstiegschancen nehme. Deshalb gehöre der Tarif der Lohn- und Einkommensteuer "auf Räder", damit er automatisch der Preisentwicklung angepasst werde, so Lindner. Die Frührente mit 63 sei nicht nur teuer, sondern verschlimmere auch den Fachkräftemangel. "Deshalb muss sie revidiert werden. Zumindest muss der Renteneintritt zwischen 60 und 70 individuell flexibel möglich sein - mit dem Ziel, längeres Arbeiten in Voll- oder Teilzeit attraktiver zu machen", schlug der Liberale vor.
Der FDP-Chef nahm auch den gesetzlichen Einheitsmindestlohn ins Visier. Dessen Einführung zum 1. Januar 2015 müsse mindestens ausgesetzt werden. "Längst zeigt sich, dass die Warnungen vor Arbeitsplatzverlust und höheren Preisen wahr zu werden drohen", unterstrich der Liberale. Sinnvoll wäre stattdessen eine Bildungsoffensive für Schulabbrecher, um ihnen den Weg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Investitionen und Freihandel fördern
Deutschland brauche auch eindeutig mehr private und öffentliche Investitionen. Lindner betonte: "Nur mit klarer Priorität auf Investitionen und Lust an wirtschaftlicher Freiheit nutzt Deutschland seine Chancen. Wir haben alles - wir brauchen nur Mut." Mindestens vier Milliarden Euro zusätzlich für Straßen, Schienen, Brücken und die Breitbandversorgung seien machbar, wenn die Regierung weitere Konsumausgaben kappe und die Ratschläge des Bundes der Steuerzahler und des Arbeitgeberverbandes ernst nehme.
Außerdem befürwortete Lindner die Schaffung einer Freihandelszone mit Nordamerika. "Wir dürfen die enormen Chancen für unsere Exportwirtschaft nicht durch plumpen Antiamerikanismus beschädigen lassen", unterstrich er mit Blick auf die Stimmungsmache gegen das angestrebte Freihandelsabkommen. Für ihn ist klar: Nur durch das Abkommen bestehe auch die Möglichkeit, weltweit gültige Sozial- und Umweltstandards zu setzen.