Harsche Kritik übt der justizpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dirk Bergner, an dem von der Landesregierung am Mittwoch im Justizausschuss vorgelegten Entwurf eines Staatsvertrages zur gemeinsamen Justizvollzugsanstalt mit dem Freistaat Sachsen. "Nach wie vor kann die Landesregierung keinen qualifizierten Variantenvergleich bieten, der die tatsächliche Wirtschaftlichkeit der Standortentscheidung nachweist. Nach wie vor hat sich der Thüringer Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) nicht ernsthaft mit Überlegungen der Hohenleubener Belegschaft beschäftigt, wie der bestehende Standort ertüchtigt werden könnte." Angesichts der Akzeptanz der Bevölkerung in Hohenleuben und der wütenden Proteste anderswo geradezu ein "Narrenstreich", wie Bergner meint.
Der Liberale wird den Verdacht nicht los, dass das Justizministerium bewusst mauert. "Vielleicht haben sie ja auch gezielt die Thüringer Standorte, also auch Gera, ins Leere laufen lassen.", argwöhnt der 49-Jährige, der auch ehrenamtlicher Bürgermeister in Hohenleuben ist. "Wir werden sehen, wie der Justizminister die Thüringer JVA-Bediensteten nach Sachsen schickt und hinterher der staunenden Bevölkerung erklärt, er habe den notwendigen Personalabbau in seinem Ressort realisiert." Dies sei, so der FDP-Politiker, ein Taschenspielertrick, um im Ministerium selbst nicht abbauen zu müssen. In Wirklichkeit müsse Thüringen ja trotzdem das nach Sachsen "verkaufte" Personal mitfinanzieren. Zugleich sieht Bergner vor allem den Umgang mit den Thüringer JVA-Bediensteten kritisch: "Nach wie vor wissen die Betroffenen nicht, woran sie sind. Auch der vorliegende Vertragsentwurf versteckt sich hinter einer noch abzuschließenden Verwaltungsvereinbarung." Über eine "suboptimale" Stimmung in der Belegschaft dürfe sich da niemand wundern.
Als "Frechheit und respektlosen Umgang mit Gewerkschaften und parlamentarischen Gremien" wertet der Abgeordnete den Umstand, dass der Entwurf vorgelegt wurde, ohne betroffene Gewerkschaften einzubinden. Nach einer Petition des Bundes der Strafvollzugsbediensteten hatte der Petitionsausschuss gefordert, bei den weiteren Schritten die Gewerkschaften einzubinden, weiß Bergner: "Was macht die Landesregierung? Sie schert sich einen Dreck darum! Für einen Minister, der früher selbst in der Landtagsverwaltung gearbeitet hat, bemerkenswert wenig Respekt vor dem Parlament. "Die Tatsache, dass jetzt einfach mal schnell der Justizausschuss informiert wird, um dann schnellstmöglich im 'Augen-zu-Prinzip' den Vertrag durch den Landtag zu winken, legt den Schluss nahe, dass der Minister wie bisher Widerstand gar nicht erst zulassen will, geschweige denn, sich mit Argumenten auseinandersetzen."
Angesichts der vielen noch ungeklärten Fragen sieht der Liberale den Staatsvertrag als völlig verfrüht an. Aus seiner Sicht sei es wichtig, vorab wenigstens anhand einer Vorplanung alle notwendigen Klärungen herbeizuführen, einschließlich der vorbehaltlosen Prüfung der vorhandenen Altstandorte. "Stattdessen agierte die Landesregierung bei der bereits getroffenen Kabinettsentscheidung, wie sie auf meine Nachfrage zugeben musste, auf dem Niveau der Grundlagenermittlung. Das heißt im Klartext, da gibt es noch nicht mal Zeichnungen, geschweige denn halbwegs belastbare Kostenschätzungen.", kritisiert Bergner, der selbst von Beruf Bauingenieur ist. "Für eine Entscheidung, die Thüringen über 60 Millionen Euro kosten soll, ist das in meinen Augen kein verantwortungsbewusstes Herangehen", sagt der Liberale abschließend, der hier in Anspielung auf Berlin "den Thüringer Flughafen" herannahen ahnt.