Eine Aufgabenreduzierung und Standardabsenkung sowie eine Konzentration von Behörden, fordert die FDP-Landtagsfraktion in einem heute in Erfurt vorgestellten Thesenpapier für "zukunftsfähige Verwaltungsstrukturen in Thüringen". Die Landtagsliberalen plädieren für einen dreistufigen, aber schlanken Verwaltungsaufbau unter Überprüfung aller Landesmittelbehörden und Sonderbehörden. "Wir halten aber auch das Fünf-Behörden-Modell mit einer Zusammenlegung von Landesbehörden in vier Landesbetriebe und das Thüringer Landesverwaltungsamt für diskussionsfähig", sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Dirk Bergner.
"Die Gemeinden müssen durch effizientere Verwaltungsstrukturen entlastet werden", fordert der liberale Kommunalexperte. Die Ergebnisse und Bemühungen der Regierungskoalition in diesem Bereich seien jedoch sehr überschaubar, so dass die IHK der Landesregierung attestiere, bei der Modernisierung Thüringens zu schlafen. Stattdessen habe man sich nur auf die Diskussion um eine Gebietsreform beschränkt und entdecke jetzt erst am Ende der Legislatur, dass zunächst eine Aufgabenkritik und eine Verwaltungsreform auf der Agenda stehen müssten.
Bergner - selbst ehrenamtlicher Bürgermeister in Hohenleuben - fordert von der Regierungskoalition "Fakten statt Ideologie" in der Diskussion um eine Verwaltungsreform. Die Landtagsliberalen haben ihrerseits in einer Sommerklausur Fakten und Zahlen als Grundlage für ihre Thesen aufbereitet und anschließend mit rund 40 Beteiligten aus den Bereichen Verwaltung und Kommune diskutiert. "Der Vorteil der Umsetzung dieser Thesen liegt darin, dass trotz des ökonomischen Fortschritts die Identifikation, die demokratische Teilhabe und das bürgerschaftliche Engagement in den Kommunen erhalten werden. Wer die Gebietsreform als Allheilmittel sieht, vergisst diese ganz wesentlichen Faktoren", so Bergner.
Es müsse vor Ort entschieden werden, was vor Ort entschieden werden könne. "Wir Liberale setzen auf Bürgernähe statt Politikverdrossenheit, Zusammenarbeit statt Zwangsfusion und sagen ja zu freiwilligen Gebietsänderungen." Die FDP-Fraktion plädiert dafür, nicht Effizienz als alleiniges Kriterium für Reformen anzusetzen. "Heimat bedeutet nicht Effizienz, sondern Identifikation", so Bergner. Zudem sei es keineswegs erwiesen, dass Größe automatisch mehr Effizienz mit sich bringe und "wenn ja, sind die Vorteile so deutlich, dass man dafür Einschränkungen von gelebter Demokratie vor Ort akzeptieren muss?", fragt Bergner. In Sachsen ist die Kreisumlage seit einer Kreisgebietsreform im Jahr 2008 um ca. 4 Prozent gestiegen. In Sachsen-Anhalt, das 2007 eine Kreisgebietsreform umgesetzt hat, ist die Kreisumlage seit dem Jahr 2000 um 9,5 Prozent gestiegen (im Vgl. Thüringen 7,96 Prozent). Aus diesen Zahlen lasse sich entnehmen, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Einwohnergröße des Landkreises und der Höhe der Kreisumlagesätze gebe, rechnet Bergner vor.
Der Freistaat Thüringen stehe vor großen Herausforderungen. "Die Aufgaben für die Kommunen und das Land nehmen trotz sinkender Bevölkerung und sinkenden finanziellen Mitteln immer mehr zu. So wird Thüringen schätzungsweise im Jahr 2020 nur ein Einnahmevolumen von 7,5 Mrd. haben und im Jahr 2030 noch ca. 1,8 Mio. Einwohner." Angesichts dieser Herausforderungen sieht Dirk Bergner dringenden Handlungsbedarf. "Bisher wurden konkrete Vorschläge wie das Standarderprobungsgesetz noch nicht mal im Ausschuss diskutiert", bemängelt der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Landtag. Ein Antrag seiner Fraktion zur "Stärkung der Interkommunalen Zusammenarbeit" steht in der nächsten Woche zur ersten Beratung im Plenum des Thüringer Landtags auf der Tagesordnung. "Es ist 5 vor 12 und es wird Zeit endlich zu handeln, statt immer nur Floskeln zu wiederholen", so Bergner abschließend.