Der Raum F104 im Thüringer Landtag trägt jetzt den Namen Hermann-Becker-Saal. In einer feierlichen Veranstaltung am 23. Juli 2013 würdigte der FDP-Fraktionsvorsitzende Uwe Barth den Kampf Hermann Beckers für die Freiheit und die Einheit Deutschlands. Dr. Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, zeichnete in seiner Festrede das politische Wirken Beckers in Thüringen und seinen weiteren Lebensweg nach der Verhaftung auf. In der neuen Dauerausstellung der Gedenkstätte solle Hermann Becker eine wichtige Rolle spielen, kündigte Knabe an. Lutz Becker dankte für die Familie der FDP-Fraktion für ihre Initiative. Der Abend habe gezeigt, dass es in der FDP wahre Parteifreunde seines Vaters gebe, die für die gleichen Überzeugungen wie sein Vater stünden.
Becker war der erste Fraktionsvorsitzende der LDP im Thüringer Landtag und Mitbegründer der Thüringischen Landeszeitung. Die feierliche Benennung Fraktionssaals erfolgte an dem Tag, an dem Hermann Becker vor 65 Jahren in einer Sitzungspause des Thüringer Landtages verhaftet, nach Hohenschönhausen verbracht und später nach Workuta verbannt wurde. "In der Zeit unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg waren es gerade hier in Thüringen Menschen mit liberaler Geisteshaltung, die mit Überzeugung, Mut und Enthusiasmus am Aufbau eines neuen, demokratischen und einigen Deutschlands mitgewirkt haben", begründet der liberale Fraktionschef die Entscheidung für den Namensgeber des Fraktionssitzungssaals. "Für uns ist die Rückbesinnung auf diese Zeit, die Erinnerung an das Schicksal aufrechter Demokraten und der Umgang mit freier Meinungsäußerung in Diktaturen mehr als eine historisch-akademische Frage - die Verteidigung der Freiheit ist eines der zentralen Anliegen unserer Arbeit."
Hermann Becker spielte in der Nachkriegszeit eine prägende Rolle für die Thüringer Liberalen. Er war 1946 einer der Gründungsväter der Liberal-Demokratischen Partei und von 1946 bis 1948 Vorsitzender der LDP-Fraktion im Thüringer Landtag. Im Herbst 1945 gründete er die "Thüringische Landeszeitung". Hermann Becker stand nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges für liberale Ideen, Gedanken und Ziele ein und musste für seine Beharrlichkeit einen hohen Preis zahlen. Seine liberale Standfestigkeit und seine selbstbewusste Kritik gegenüber der Politik der Sowjetischen Militäradministration und der herrschenden SED-Kaste führten am 23. Juli 1948 zu seiner Verhaftung während einer Pause der Plenarsitzung des Thüringer Landtages - trotz ausdrücklich zugesagter Immunität.
Herrmann Becker wurde wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, und in das sibirische Workuta verbannt. Im Jahr 1955 wurde Hermann Becker auf Betreiben des damaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauer gemeinsam mit anderen Kriegs- und politischen Gefangenen freigelassen. Seither lebten er und seine Familie auf eigenen Wunsch in Westberlin. Hier übernahm Hermann Becker als Geschäftsführer des "Forschungsbeirates für Fragen der Wiedervereinigung" Aufgaben für das Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen. Außerdem engagierte er sich im "Kuratorium unteilbares Deutschland" sowie im "Königsteiner Kreis".
Die FDP-Fraktion im Thüringer Landtag der ersten Legislaturperiode nach der Wiedervereinigung würdigte Hermann Becker im Jahr 1993 im Rahmen des Festaktes des Freistaats Thüringen zur Verabschiedung der Thüringer Verfassung. Seit dem Sommer 2009 erinnern im Zugangsbereich zum Abgeordnetengebäude Gedenktafeln an Thüringer Parlamentarier aus der Zeit unmittelbar nach 1945, darunter auch an Hermann Becker. Auf Initiative der Familie Hermann Beckers, der FDP-Fraktion im Thüringer Landtag der ersten Legislaturperiode und des damaligen Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Klaus Kinkel, ist Herrmann Becker 1993 von der russischen Generalstaatsanwaltschaft rehabilitiert worden.
"Wir wollen nun mit der Namensgebung "Hermann-Becker-Saal‘ für den Sitzungsraum der FDP-Fraktion unsere Arbeit als liberale Abgeordnete in eine Linie mit dem Engagement und dem Kampf Herrmann Beckers für Freiheit und Einheit stellen", so der Fraktionsvorsitzende Uwe Barth.