Die FDP-Fraktion im Thüringer Landtag sieht ihre Forderungen nach einem verstärkten Bürokratieabbau durch Überprüfung kommunaler Standards durch ein von der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigt. Ein Festhalten am status quo stelle keine wirklich verfolgenswerte Strategie der Landesregierung dar, kritisiert Professor Joachim Jens Hesse vom Internationalen Institut für Staats- und Europawissenschaften Berlin in seinem heute vorgestellten Gutachten. Dabei biete sich Thüringen an, um von den vielfältigen Erfahrungen anderer zu lernen, sagte er mit Blick auf die Versuche, Standards zu flexibilisieren und dazu "Muster- oder Modellkommunen" zu bilden. Ein von der FDP-Fraktion eingebrachtes Standarderprobungsgesetz, welches gerade die Flexibilisierung ermöglichen sollte, hatte die CDU/SPD-Koalition im vergangenen Jahr im Landtag abgelehnt, ohne eine Ausschussdiskussion zuzulassen.
Die Töpfchenspüle ist weiterhin teurer Standard für jeden Thüringer Kindergarten, ebenso wie viele überflüssige Vorgaben im Baubereich oder im Wasser- und Abwasserbereich, moniert der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dirk Bergner. "Entgegen aller öffentlichen Ankündigungen sind CDU und SPD nicht bereit, endlich mit dem Bürokratieabbau zu beginnen." Stattdessen würden immer nur neue Standards und Aufgaben an die Kommunen übertragen. Das Standarderprobungsgesetz der FDP sollte es Kommunen ermöglichen, eigene Ideen für mehr Service und Bürgernähe vor Ort auszuprobieren. Ziel müsse es sein, neue Maßnahmen zum Bürokratieabbau zu erproben, auszuwerten und erfolgreiche Modelle für eine landesweite Übernahme zu prüfen. "Wir wollen, dass die Kommunen uns sagen können, wo es wirklich klemmt", so Bergner, der selbst ehrenamtlicher Bürgermeister ist. Zur Erprobung neuer Formen der Aufgabenerledigung sollten Gemeinden, Landkreise und Zweckverbände deshalb auf Antrag im Einzelfall von landesrechtlichen Standards für vier Jahre befreit werden, wenn die ausreichende Erfüllung der Aufgabe auch auf andere Weise als durch die Erfüllung dieser Standards sichergestellt sei.
"Durch die Erprobung neuer Lösungen bei der kommunalen Aufgabenerledigung wäre es möglich, Verwaltungsverfahren zu beschleunigen, zu vereinfachen und kostengünstiger für die Unternehmen, die Bürgerinnen und Bürger und auch die Verwaltungen auszugestalten", so der FDP-Kommunalexperte. Im Ergebnis würden auf der kommunalen Ebene die Handlungsspielräume erhöht und finanzielle Spielräume verbessert. Auch das Gutachten empfiehlt eine konsequente Aufgabenkritik sowie einen Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit.