"Inklusion darf nicht einfach verordnet und übers Knie gebrochen werden, Inklusion braucht Zeit", mahnt die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Franka Hitzing, mit Blick auf die Diskussion um das Inklusionskonzept der Landesregierung. Dabei dürften die Erfahrungen der Eltern und Lehrer nicht weiter ignoriert werden, fordert sie nach einem Besuch der Freien Fröbelschule Keilhau. Dort werden Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf an einer Förderschule mit Schwerpunkt Sprache und an einer Gemeinschaftsschule unterrichtet. "Schüler und Eltern schätzen die gute Betreuung und den Schutzraum, der an den Heimatschulen so nicht vorhanden ist", sagt Hitzing nach dem Gespräch mit Schülersprechern und der Schulleitung.
"Das Bildungsministerium spricht von Inklusion und lässt keinen anderen Denkrahmen zu", kritisiert Hitzing. Es gehe darum "Inklusion vom Kind aus zu denken". "Jedes Kind ist eine besondere Persönlichkeit", sagt die liberale Bildungsexpertin. Man müsse sich immer fragen, ob man dem behinderten Kind etwas Gutes tue, wenn man es an eine normale Schule schicke oder, ob es an einer Förderschule besser aufgehoben sei. Der Artikel 7 der UN-Konvention, der das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellt, komme in der Diskussion oftmals zu kurz, bemängelt die Liberale. Das Kindeswohl könnten letztlich nur die Eltern nach entsprechender Beratung einschätzen. "Für uns ist deshalb die UN-Konvention erst erfüllt, wenn wir zu einem echten und freien Wahlrecht der Eltern zwischen Förderschule und inklusiven Angeboten verschiedener Abstufung kommen", erklärt Hitzing, die selbst Lehrerin an einer Regelschule ist.
Dieser Anspruch werde erst am Ende eines längeren Prozesses gewährleistet werden können. Die Konvention mache über den zeitlichen Rahmen auch keinerlei Vorgaben. "Sie setzt aber ein Optimierungsgebot, so dass wir diesen Prozess beginnen müssen", befürwortet Hitzing grundsätzlich die inklusive Bildung. Dazu seien aber die bauliche Ertüchtigung der Schulen im Regelschulsystem und die Ausstattung mit genügend sonderpädagogisch qualifiziertem Lehrpersonal durch Aus- und Weiterbildung erforderlich. Förderschulen für alle Arten von Behinderung gilt es zu erhalten und weiterzuentwickeln, fordert Hitzing. Gut funktionierende Konzepte und Projekte wie das "Lernen unter einem Dach" an der Finneckschule Rastenberg dürften nicht aus ideologischen Gründen kaputtgeredet und verhindert werden.
Sie erwartet zudem vom Thüringer Bildungsministerium die Gewährleistung des Rechts auf ein sonderpädagogisches Gutachten, wie es gesetzlich vorgesehen ist und nicht die künstliche Absenkung der Förderquote durch Verweigerung der entsprechenden Diagnostik am Anfang der Schullaufbahn. "Inklusion mit Augenmaß, keine Schnellschüsse und Experimente zulasten der Kinder", bekräftigt die FDP-Bildung-Expertin ihre Forderungen. Zudem müsse man den zumeist freien Trägern der Förderschulen die Luft zum Atmen lassen. Sie dürften kein Schulgeld erheben und müssten mit 20 Prozent weniger Mitteln auskommen. Nebenbei leisteten sie noch ohne Vergütung maßgeblich die konzeptionelle Arbeit. "Diese Schulen müssen gleichgestellt werden", bekräftigt Hitzing abschließend die Forderung der FDP.