"Bürokratieabbau hat für die Landesregierung offenbar keine Priorität", stellt der FDP-Fraktionsvorsitzende Uwe Barth nach Studium der Antwort auf die Große Anfrage seiner Fraktion zu "Bürokratiekosten in Thüringen" fest. In dieser Legislaturperiode habe sich offenkundig nichts verbessert, eher sei eine Zunahme von bürokratischen Regelungen zu verzeichnen, sagte Barth mit Blick auf das Vergabegesetz oder das Kindertagesstättengesetz. Kommunen würden zusätzliche Standards und Kosten aufgebürdet. Das Standarderprobungsgesetz, mit dem die FDP den Kommunen etwas mehr Freiheit einräumen wollte, habe man aber abgelehnt.
In der Antwort versuche die Regierung den Eindruck zu erwecken, angesichts der Regulierungen von Bund und EU habe man keinen Handlungsspielraum. Dem widerspricht Barth. Bei 219 Landesgesetzen und 594 inhaltlichen Verordnungen, sei deutlich mehr zu machen, als die Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie oder das Thüringer Gaststättengesetz. "Hier feiert sich die Regierung für etwas, das schon 2009 von der Vorgängerregierung auf den Weg gebracht wurde." Enttäuscht ist die FDP auch von den Antworten auf die Fragen nach den Bürokratiebelastungen für die Bürger. "Von 15 Fragen, lässt die Regierung 9 unbeantwortet." Hier fehle es schlichtweg an "Problembewusstsein" moniert der liberale Fraktionschef. Bezeichnend sei da auch die Antwort auf die Frage nach der GEZ-Reform. "Langfristig wirkt sich das neue Modell also entbürokratisierend aus.", behauptet die Landesregierung - eine "entrückte Wahrnehmung" konstatiert der FDP-Medienexperte.
Barth bezweifelt auch angesichts der "verstreuten Verantwortlichkeiten" einen ernsthaften Willen der Regierung. "Chefsache" sei das Thema jedenfalls nicht. Laut Antwort erfolge die Einbindung der Staatskanzlei "im Rahmen der üblichen Ressortabstimmung". In der Stabsstelle im Justizministerium sind zwei Referenten angesiedelt, die sich aber ebenso auch noch anderen Aufgaben widmen, wie die 2 Mitarbeiter im Finanzministerium und die 3,75 Mitarbeiter im Wirtschaftsministerium. Der Gesprächskreis "Wirtschaftsfreundliche Verwaltung" wird auf "Wunsch der Wirtschaft" fortgesetzt, nicht etwa, weil es der Regierung wichtig wäre, moniert Barth. Obwohl das Land insgesamt 8 Mitarbeiter in dem Aufgabenfeld beschäftigt, beschränkte sich das Controlling auf eine Fachhochschulstudentin, die ein halbes Jahr lang die Auswirkungen des geänderten Gaststättengesetzes untersuchte.
Zu den Bürokratiekosten will sich das Land nicht festlegen. Diese würden statistisch nicht erfasst. Wohl aber kann man die durch EU-rechtliche Regelungen in Deutschland verursachten Bürokratiekosten mit 25.369.621.000 Euro relativ genau beziffern. Auch andere statistische Werte sind für den Liberalen bemerkenswert. So betragen die Verwaltungskosten bei Förderprogrammen zwischen 2 und 50 Prozent. 40 Prozent sind es z.B. bei Thüringen-Invest. Eine GmbH-Gründung, die nach EU-Vorgabe max. 3 Tage dauern dürfte, benötigt in Thüringen im Schnitt 7,75 Tage, im Nachbarfreistaat Sachsen lediglich 4,75.
"Bürokratieabbau ist der Schlüssel zur Stärkung des Wirtschaftswachstums und zur Konsolidierung des Landeshaushalts. Jede überflüssige Regelung, jedes zu komplizierte Verfahren verursacht unnötige Kosten für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung." Deshalb fordert der Fraktionsvorsitzende Uwe Barth ein stärkeres Engagement des Landes. Das Thema sei sicher komplex und nicht von heute auf morgen zu lösen, aber durch "langsames Bohren von dicken Brettern" umsetzbar. Man müsse auch nicht nur Bundesratsinitiativen zum Mindestlohn machen, verweist Barth auf die Möglichkeiten auf Bundesebene aktiv zu werden.
"Ziel der FDP-Fraktion ist eine moderne leistungsstarke Verwaltung, die Bürger und Unternehmen nicht behindert, sondern als Dienstleister in allen Lebenslagen unterstützt." Die Entlastung aller Verwaltungsebenen von Bürokratiekosten sei auch aufgrund der anstehenden Haushaltskonsolidierung nötig. "Personal- und Sachkosten lassen sich nur bei gleichzeitiger Aufgabenreduzierung senken", so Barth. Dies gelte insbesondere für die dringend nötige Entlastung der Kommunen und Landkreise, denen in letzter Zeit immer mehr Aufgaben aufgebürdet wurden.