"Anscheinend waren in der Vergangenheit die Informationen über die Arbeit der sogenannten Expertenkommission zur Verwaltungs- und Gebietsreform so falsch nicht, die immer wieder in der Presse zu lesen waren", reagiert der Thüringer FDP Innen-Experte Dirk Bergner auf aktuelle Zeitungsberichte, wonach Mindestgemeindegrößen von 12.500 Einwohnern und "Landkreise ohne jeden Regionalbezug" gefordert werden. Entgegen aller Dementi zeige sich, dass der zur Expertenkommission ins Leben gerufene Beirat von Anfang an offensichtlich nur eine Alibi-Funktion erfüllen solle.
"Dass niemand Geringeres als die Ministerpräsidentin bei ähnlichen Vorabinformationen vehement bestritten hat, dass es aus der Kommission Informationen an die Presse gegeben hat, wirft für mich die Frage auf, ob sie schlecht informiert war oder absichtlich die Unwahrheit gesagt hat. Beides wäre fatal", zeigt sich Bergner, der für die Liberalen an den Beiratssitzungen teilgenommen hatte, verärgert. Auch jetzt setze die Kommission diesen schlechten Stil fort. "Weder im Beirat noch im Innenausschuss haben es die Landesregierung oder der Chef der Expertenkommission für geboten gehalten, auch nur zu informieren, wenn man schon einer inhaltlichen Diskussion ausweicht. Das ist bemerkenswert für eine Kommission, die die Ministerpräsidentin immerhin selbst berufen hat." Vertrauen, so der FDP-Landtagsabgeordnete weiter, baue man anders auf: "Mir drängt sich immer stärker der Verdacht auf, dass es von Anfang an nur Theaterdonner war."
Inhaltlich sei das, was man in der Zeitung lesen müsse, geprägt von "Schreibtischtätern, die vom ländlichen Raum in Thüringen keine Ahnung haben", ist der 48-Jährige überzeugt. "Landkreise, die von Schkölen bis Probstzella oder von Lucka bis Schlegel reichen, haben mit regionaler Identität und Bürgernähe nichts mehr zu tun", sagt der Liberale. Wahrscheinlich habe keiner der Damen und Herren eine solche Strecke mal selbst im Winter mit dem Auto zurückgelegt, geschweige denn mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch die "Luftschlösser bei Gemeindegrößen" zeigten, dass die Verfasser den ländlichen Raum nicht kennen könnten, so Bergner, der in der Stadt Hohenleuben ehrenamtlicher Bürgermeister ist: "Diese Unkenntnis ist auch kein Wunder, bei uns sind sie jedenfalls nicht gewesen, um sich sachkundig zu machen, und bis jetzt habe ich keine kleine Gemeinde gefunden, wo das der Fall gewesen wäre." Besonders problematisch ist in den Augen der Liberalen, dass noch nicht mal im Ansatz belastbare Kosteinsparungen nachgewiesen werden. "Da wird von den östlichen Nachbarländern geschwafelt und schlicht unter den Tisch gewischt, dass selbst in der Friedrich-Ebert-Stiftung sächsische Sozialdemokraten berichtet haben, dass sich die Anschubfinanzierung für die dortige Gebietsreform auf 500 Millionen Euro beläuft, ohne zu wissen, ob und wann sich das rentiert."
Wer einen derartigen Dolchstoß gegen kommunale Selbstverwaltung plane, müsse doch wenigstens Gewissheit liefern, dass dem massiven Verlust an Demokratie vor Ort und Bürgernähe Einsparungen in Größenordnungen entgegen stehen, betont der FDP-Kommunalexperte. Für Bergner drängt sich ein bitteres Fazit aus der Mitarbeit im Beirat auf: "Keine der jetzt in der Presse veröffentlichten Kernthesen wurde auch nur annähernd ernsthaft im Beirat diskutiert. Das heißt in meinen Augen, außer Spesen nichts gewesen."