Der Generalsekretär der Thüringer FDP, Patrick Kurth, MdB, hat vor zunehmender Gleichgültigkeit gegenüber der kommunistischen Diktatur mitsamt ihren Terrorapparaten und den Unrechtsinstitutionen gewarnt. Gleichzeitig verwies er auf eine schleichende Renaissance freiheitsfeindlicher Denkweisen. Der Thüringer Landesregierung bescheinigte er, "in Sachen DDR-Aufarbeitung mindestens zwei Klassen tiefer zu spielen, als in der letzten Legislatur." Kurth sagte, dass es deutlich schwerer sei, die persönliche Freiheit und die damit verbundene Eigenverantwortung als Wert zu verteidigen, als nach der Wende angenommen. Gerade aber Daten wie der 17. Juni oder der 13. August zeigten in eindringlicher Weise, dass Freiheit und Demokratie "kein Gottesgeschenk oder Ergebnis einer natürliche Entwicklung sind, sondern mit Blut und Leid erkämpft wurden." Als drastische Fehleinschätzung bezeichnete er die verbreitete Annahme, freiheitliche Demokratie sei Grundzustand menschlichen Zusammenlebens. "Freiheitliche Demokratie ist als Gesellschaftsform Ausnahme und nicht die Regel."
Kurth warnte vor drastischen Folgen von gesellschaftlicher Gleichgültigkeit gegenüber persönlicher Freiheit und dazugehöriger Eigenverantwortung. "Mauerbau, deutsche Teilung, Obrigkeitsstaat und Gleichschaltung werden im gesellschaftlichen und politischen Umgang zunehmend verniedlicht. Gleichzeitig nimmt der Drang nach mehr Staatsverantwortung und Staatsregulierung auf Kosten der Freiheit zu. Zahlreiche Parteien und Politiker gaukeln dies vor. Das ist nicht ungefährlich", so Kurth. Der Abgeordnete, der in der FDP-Bundestagsfraktion für die Aufarbeitung des SED-Unrechts zuständig ist, will Daten und Ereignisse der DDR-Geschichte nicht nur als "Gedenktage des Erinnerns" verstehen. "Ziel muss es sein, diese Erfahrungen als Zukunftsaufgaben auch in dieser Gesellschaft zu nutzen." Deshalb begreife die FDP Gedenktage wie den 13. August nicht nur rückblickend, sondern insbesondere als Wegweiser für die Zukunft.
Kurth kritisierte scharf, dass eine Vielzahl politischer Akteure die freiheitliche Eigenverantwortung diskreditieren und offen angreifen. Gleichzeitig würden sie allumfassende persönliche Sicherheit versprechen, die die Gesellschaft leisten solle. Dieser Prozess sei gefährlich, weil er schleichend und verdeckt verlaufe. "Im letzten Jahrhundert wurde freiheitsfeindliche Gleichheitsideologie martialisch und kämpferisch präsentiert und war damit deutlich sichtbar. Heute kommt sie putzig, keck und niedlich z.B. in Form der Gysis, Machnigs oder Piraten dieser Welt daher. Die Auswirkungen sind dennoch gefährlich. Unfreiheit kommt heute schleichend."
Der Machtwechsel in Thüringen 2009 zeige dies eindrücklich. "Der derzeitige Thüringer Umgang mit der DDR-Vergangenheit erinnert an die 50er Jahre der Bundesrepublik. Stasiopfer spielen beim Gedenkstättenkonzept keine Rolle, an Forschungsprojekten zu Grenztötungen beteiligt sich die Landesregierung nicht, dem Stasi-Unterlagengesetz verweigerte sie gar die Zustimmung. Wenn sich dies so fortsetzt, nimmt Thüringen einen Weg, wie ihn z.B. Brandenburg besonders in den letzten Jahren geht: Eine Politik des Verschweigens, Vertuschens und Verdrehens." Die CDU habe diese Politik "offensichtlich widerstandslos hingenommen" und trage deshalb "Schuld und Verantwortung, die sie nicht wegreden kann".
Auch angesichts jüngerer Studien zum Wissen um Zu- und Umstände in der DDR forderte Kurth die jüngeren Generationen zu mehr freiheitlichem Selbstbewusstsein auf. "Jungen Menschen und nachfolgenden Generationen muss klar sein, dass staatlich organisierte Unfreiheit immer eine Vorgeschichte hat. Der Mauerbau zeigt vielleicht sehr deutlich, wie schnell und schmerzvoll staatliche Freiheitsberaubung stattfinden kann. Gerade in der heutigen Zeit aber gibt es viele andere Wege der schleichenden Freiheitsbeschneidung." Und dennoch könne auch das Unvorstellbare in kurzer Zeit eintreten. Noch am 13. August selbst hätten die wenigsten geglaubt, dass die Teilung einer Stadt, eines Landes und einer Nation mit Stacheldraht, Verhauen, Mienen und Todesschützen fast 30 Jahre anhalten würde. "Die Geschichte des 13. August lehrt aber auch, dass sich Menschen ihre Freiheit selbst erkämpfen können - auch wenn es 28 Jahre dauert. Dies ist dennoch eine deutsche und freiheitliche Erfahrung, auf die wir stolz sein können", so Kurth abschließend.