"Der technische Fortschritt hat einige Paragraphen in der Straßenverkehrsordnung längst überholt", ist der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Heinz Untermann überzeugt. So beträgt für LKW über 7,5t zulässige Gesamtmasse (zGM) und Kraftfahrzeuge mit Anhänger über 3,5t (zGM) - den wenigsten bekannt - die Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften 60 km/h. "Diese Regelung stammt noch aus dem Jahr 1957, ist also 55 Jahre alt", so Untermann. In dieser Zeit seien sowohl die Straßen besser ausgebaut als auch die Fahrzeuge erheblich weiter entwickelt worden. "PKW und LKW verfügen heute über bessere Antriebs- und Bremssysteme als damals ", listet der liberale Verkehrsexperte auf.
PKW dürften außerhalb von Ortschaften 100 fahren, werden also von den LKW "ausgebremst", verweist er auf das Sicherheitsrisiko. "Das führt dann zu den riskanten Überholmanövern auf Landstraßen, die zu oft in Unfällen enden". Würde man hier die Geschwindigkeit der Lkw anpassen, entfiele der Grund zum Überholen, weil der Verkehrsfluss besser sei. Außerdem führe die geringe Geschwindigkeit dazu, dass die Fahrzeiten der Berufsfahrer unnötig verlängert würden. "Auch an die sollte man einmal denken", fordert Untermann.
Thilo Müller, Hauptgeschäftsführer des Landesverbandes Thüringen des Verkehrsgewerbes e.V., unterstützt die Initiative der FDP-Landtagsfraktion ausdrücklich. "Die technische Ausstattung der schweren LKW hat sich in den letzten Jahren enorm verbessert", verweist er auf die neu entwickelten elektronischen Assistenzsysteme, die den Fahrer unterstützen. "LKW-Fahrer sind zudem hervorragend geschult und fahren vorausschauend, um Unfälle zu vermeiden." Die rückläufige Zahl an Unfällen für gewerbliche Fahrzeuge unterstreicht dies. Geschmälert wird sie nur durch eine Zunahme an Unfällen bei den "Sprintern". Da sie unter 3,5t zGM liegen, gilt für sie keinerlei Beschränkung.
Jeden Tag wird Speditionsleiter Michael Kipping mit der Problematik gefährlicher Überholvorgänge konfrontiert. PKW drängeln beim Überholen in die Spur und zwingen LKW zu gefährlichen Bremsmanövern. Dürften die LKW auf gut ausgebauten Bundes- und Landesstraßen 80 fahren, käme es zu weniger Überholmanövern und einem flüssigeren Verkehr, erläutert Kipping. Wenn sie weniger bremsen und beschleunigen müssten, würden die LKW dadurch auch weniger Sprit verbrauchen. "Dem Ansehen der LKW-Fahrer in der Bevölkerung würde eine Änderung der StVO in diesem Punkt auch nutzen", ist Kipping überzeugt, "denn viele Autofahrer wissen gar nicht, dass die LKW außerhalb geschlossener Ortschaften nur 60 fahren dürfen und empfinden sie als Hindernis".
Die FDP-Landtagsfraktion fordert deshalb die Landesregierung in einem Antrag dazu auf, eine entsprechende Initiative in den Bundesrat einzubringen. Eine Anhebung der Geschwindigkeit auf 80 km/h auf klassifizierten Straßen würde die Verkehrslage entspannen und die Sicherheit verbessern, ist Untermann überzeugt. Fach- und Berufsverbände begrüßen die Initiative der FDP. "Mit Regelungen die mehr als ein halbes Jahrhundert alt sind, kann man jedenfalls heute nicht mehr arbeiten, weder im Bund, noch im Land", so Untermann abschließend.