Die Thüringer FDP hat vor drastischen Auswirkungen verfehlter Energiepolitik auf den Freistaat gewarnt. Heftige Kritik müsse sich vor allem die Landesregierung gefallen lassen. "Die Ideologisierung der Energieerzeugung zieht vor allem höchste Preise und fragwürdigen praktischen Nutzen nach sich. Angesichts der Milliardenausgaben für die Förderung erneuerbarer Energien lässt sich die Energiewende nicht per Planwirtschaft umzusetzen. Gauck hat vollkommen recht", sagte FDP-Generalsekretär Patrick Kurth, MdB. Thüringen leide besonders unter steigenden Stromkosten. Zugleich seien die Durchschnittslöhne vergleichsweise gering und Betriebsgrößen kleinteilig. "Der Lobbyismus der Landesregierung für einige wenige Konzerne geht blind an der Thüringer Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur vorbei."
Nach Kurths Auffassung, der auch Sprecher für den Aufbau Ost der FDP-Bundestagsfraktion ist, müssten angesichts der Herausforderungen gerade die neuen Länder das Ziel haben, die Strompreise für Familien und Unternehmen bezahlbar zu halten. "Es ist unverständlich, warum Sachsen-Anhalt oder Thüringen für eine Abgabenpolitik eintreten, als hätten sie Einkommensverhältnisse wie am Starnberger See. Die Mehrheit der Menschen profitiert nicht von Öko-Stromsubventionen, sondern leidet darunter." Für den liberalen Bundestagsabgeordneten ist deshalb unverständlich, warum die Landesregierung jüngst ein Absenken der Solarstrom-Subventionen im Bundesrat verhindert haben. "Die Thüringer Landesregierung füttert Großindustrien durch, ruiniert dabei den Mittelstand und lässt Geringverdienern das Licht abdrehen, weil diese sich die explodierenden Strompreise nicht leisten können. Das ist unverantwortlich." Laut Berechnungen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft würde ein Großteil der von den Thüringer Stromkunden bezahlte Umlage nach Bayern gehen. "Im Klartext heißt das: Die Umlage eines Bäckers aus Apolda kommt Hausbesitzern am Starnberger See zu Gute, wenn sie eine Solaranlage auf dem Dach haben."
Der FDP-Generalsekretär setzt darauf, dass ein generelles Umdenken beim Ausbau der Erneuerbaren Energien einsetzt. Der Appell von Bundespräsident Joachim Gauck zur Energiepolitik sei richtig. "Ein bloßes Drehen an kleinen Stellschrauben reicht nicht aus. Die Zeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) war als Anschub gut, ist aber vorbei. Mittlerweile profitieren Wenige immer stärker und sehr einseitig davon. Stattdessen wäre ein marktwirtschaftliches Mengenmodell denkbar, das die Energieversorger verpflichtet, einen bestimmten Anteil ihres Stroms aus erneuerbaren Quellen zu liefern", regt Kurth an. Die Versorger könnten dann entscheiden, aus welcher Quelle der Strom kommt. "Dann würde nicht die Subventionshöhe, sondern die Effizienz über die Art der Energieerzeugung und über den besten Standort entscheiden. Das wäre ökonomisch und ökologisch sinnvoll", ist Kurth überzeugt. Sowohl Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) als auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hätten in diesem Zusammenhang entsprechende Vorschläge vorgelegt.
Kurth wieß darauf hin, dass sich die Summe staatlicher Steuern und Abgaben beim Strompreis seit der Liberalisierung im Jahr 1998 gegenüber heute verzehnfacht hat. Mussten die Stromkunden vor 14 Jahren noch 2,3 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben mit ihrer Stromrechnung bezahlen, ist dieser Betrag mittlerweile auf 23,7 Milliarden Euro (2011: 23,1) angestiegen und macht jetzt 45 Prozent am Strompreis für Haushaltskunden aus. Den größten Anteil bei den staatlichen Steuern und Abgaben hat mit 14,1 Milliarden Euro (2011: 13,5) demnach die Umlage zur Förderung der Erneuerbaren Energien (EEG-Umlage). Für Kurth ist deshalb klar: Nur wenn sich der verstärkte Ausbau der Erneuerbaren Energien für alle rechneten sei mit einer breiten Akzeptanz der Energiewende zu rechnen. "Für Thüringen wird die Energiewende zur Gefahr, wenn sich die Landesregierung nicht auch um die Bezahlbarkeit kümmert."