Die Jenaer Liberalen gehen mit einem eigenen Kandidaten in die OB-Wahl. Das ist ein Ergebnis der Mitgliederversammlung vom vergangenen Montag. Zum Kandidaten wurde der Kreisvorsitzende und Mitglied im Landesvorstand der FDP Thüringen, Dr. Thomas Nitzsche, nominiert. "Die FDP im Stadtrat ist ein ausgezeichnetes Team. Mit dieser Sacharbeit, die da geleistet wird, wollen wir im Wahlkampf punkten", erläutert Dr. Nitzsche im Interview mit der "Ostthüringer Zeitung", warum er als Kandidat antritt. Dem Amtsinhaber Albrecht Schröter wirft Dr. Nitzsche vor keine klare Linie zu haben. "Er schlägt zu wenig eigene Pflöcke ein." Als Motto gibt der liberale Kreischef "Mehr Mut" an und verweist auf die Erfolge Jenas unter Alt-OB Peter Röhlinger. "Jena ist seit den Zeiten meines Parteifreundes Alt OB Peter Röhlinger auf der Überholspur, muss aber aufpassen, dass es dort nicht langsam austrudelt." Ein wichtiges Thema im Wahlkampf werde Wachstum sein, kündigte Dr. Nitzsche an.
Der Kreisvorsitzende und OB-Kandidat der FDP-Jena, Dr. Thomas Nitzsche gab der "Ostthüringer Zeitung" das folgende Interview (13.10.2011). Die Fragen stellte Lutz Prager.
Frage: Herr Dr. Nitzsche, gegen den Amtsinhaber Dr. Schröter von der SPD anzutreten gilt nicht gerade als aussichtsreich und die FDP liegt beim Wahlvolk in der Gunst momentan auch ganz weit hinten. Weshalb wollen Sie kandidieren?
Dr. NITZSCHE: Da es mit der CDU bisher keinen gemeinsamen Kandidaten aus dem bürgerlichen Lager gibt, war klar: Einer muss antreten für die FDP. Ich bin aber keine Verlegenheitslösung. Wer meine politische Biografie verfolgt: Junge Liberale, FDP, Kreisvorsitz, Stadtrat, der ahnt: Ich will mehr. Was den Bundestrend betrifft: Den muss man nehmen, wie er ist. 2009 zu den Stadtratswahlen hat er uns genützt. Jetzt gibt es Gegenwind, den muss die FDP aushalten. Die Bundesebene ist die eine Sache, unsere Arbeit auf kommunaler Ebene eine ganz andere. Ich denke, die FDP im Stadtrat ist ein ausgezeichnetes Team. Mit dieser Sacharbeit, die da geleistet wird, wollen wir im Wahlkampf punkten.
Frage: Wie viel Prozent trauen Sie sich zu?
Dr. NITZSCHE: Zahlen werde ich heute bestimmt nicht nennen. Zunächst müssen wir sehen, welche Kandidaten noch aufgestellt werden, insbesondere bei der CDU.
Frage: Die OB-Wahl ist vor allem eine Personenwahl, weniger eine Parteienwahl. Was läuft bei Amtsinhaber Albrecht Schröter falsch, warum wollen Sie ihn ablösen?
Dr. NITZSCHE: Wir haben eigentlich zwei Oberbürgermeister Albrecht Schröter . Der eine ist der, der unbestritten gut auftritt, der sympathisch und nett daherkommt - kurz, der beliebt ist und für die Stadt einen guten Job macht. Der zweite Oberbürgermeister Schröter ist der, der nicht regiert, der nicht gestaltet, der nur verwaltet, was ihm übergeben wurde. Die materiellen Erfolge für die Stadt sind eher Erfolge der Arbeit der Dezernenten. Albrecht Schröter pflegt Städtepartnerschaften, okay. Aber zu den Haushaltsverhandlungen ist er nicht da. Er schlägt zu wenige eigene Pflöcke ein. Ihm fehlt die klare Linie.
Frage: Gesetzt den Fall, wir hätten jetzt Mai 2012 und Sie wären Sieger. Was täten Sie als erstes als OB?
Dr. NITZSCHE: Zunächst müsste ich mir die Zeit nehmen, um den Apparat Verwaltung, den ich nur von außen kenne, auch innen zu verstehen. Mit dieser sehr effizienten Verwaltung, die Jena hat, bietet sich ein unglaublicher Gestaltungsspielraum, wenn man an den richtigen Fäden zieht. Mein Motto als OB hieße "Mehr Mut". Jena ist seit den Zeiten meines Parteifreundes Alt OB Peter Röhlinger auf der Überholspur, muss aber aufpassen, dass es dort nicht langsam austrudelt.
Frage: Werden Sie doch mal konkreter. Was thematisieren Sie im Wahlkampf?
Dr. NITZSCHE: Eine Thema heißt Wachstum. Der Beschluss zum Bau von 1500 neuen Wohnungen ist gut, wird aber nicht reichen. Die Stadt muss sich etwa in Richtung Wogau erweitern. Dazu muss man auch mal infrastrukturell in Vorleistung gehen und die Straßenbahn bis dorthin verlängern. Wie schnell sich dann etwas entwickelt, haben wir am Lückenschluss in Göschwitz gesehen.
Frage: Erweitern heißt auch, in Richtung Saale-Holzland-Kreis zu denken. Sind Sie für die Beibehaltung der Kreisfreiheit von Jena oder würden Sie die einer Gebietsreform opfern?
Dr. NITZSCHE: Erfurt und Jena sollten kreisfrei bleiben. Zwischen Jena und dem Saale-Holzland-Kreis gibt es viele Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, die noch nicht ausgeschöpft sind. Leider klappte diese Zusammenarbeit unter Peter Röhlinger und dem damaligen Landrat Jürgen Mascher besser. Auch das ist ein Manko des jetzigen OB.
Frage: Sie nannten als Leitmotiv "Mehr Mut". Wie soll das in der Praxis aussehen?
Dr. NITZSCHE: Ein Beispiel: Die FDP ist der Auffassung, dass sowohl unter den Inselplatz als auch unter den Eichplatz Tiefgaragen gehören. Warum bauen wir die als Stadt nicht selbst und beschleunigen damit die Bebauung der beiden Plätze? Wir haben in den letzten Jahren Schulden getilgt und könnten nun auch wieder größere Projekte angehen. Wenn es um Infrastruktur geht, ist auch eine neue Kreditaufnahme vertretbar.