Der Thüringer FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Kurth hat Aussagen des Chefs der Landesarbeitsagentur Sachsen-Anhalt-Thüringen, Kay Senius, heftig kritisiert. Dessen Äußerungen seien außerhalb seiner Kompetenzen und z.T. von Unwahrheiten und Inkompetenz geprägt. Senius hatte am Wochenende einen flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland gefordert. "Es ist ungewöhnlich, dass sich Behördenleiter aus ihrer Amtsstube heraus in eine politische Diskussion einmischen - zumal sie offensichtliche Probleme haben, ihre eigenen Hausaufgaben zu erledigen", so Kurth. Er hätte sich gewünscht, dass seitens der Arbeitsagentur durchgerechnete Konzepte gegen Fachkräftemangel, zur demographischen Entwicklung oder zu einer schlanken Arbeitsmarktverwaltung vorlägen, statt sich in eine ideologische Auseinandersetzung zu begeben. Der Arbeitsagentur selbst bescheinigte Kurth einen überbürokratisierten Wasserkopf, dessen Leitungsebene sich mehrfach als problematisch und überfordert erwiesen habe. "Die Arbeitsagentur hatte im letzten Jahrzehnt mit fünf Millionen Arbeitslosen unter Rot-Grün genauso zu tun, wie jetzt, wo wir unter Schwarz-Gelb auf 2,5 Millionen zugehen. Ihre Arbeitsweise und ihren Kostenfaktor hat sie kaum verändert und damit deutlich gemacht, dass sie völlig unabhängig vom tatsächlichen Arbeitsmarkt agiert. Diese teure Unfähigkeit regt viele Menschen maßlos auf - ich kann dies verstehen."
Kurth, der auch Sprecher Aufbau Ost der FDP-Bundestagsfraktion ist, erklärte, dass der Sachverhalt Mindestlohn gerade im Osten ein sehr kompliziertes Thema sei. Angesichts der anhaltenden Kapitalschwäche der Unternehmen, der schwierigeren Konsumlage und der Produktivität könne sich Mindestlohn gravierend auswirken. "Wenn beim Friseur der Tariflohn ausgehebelt wird und durch den Mindestlohn der Preis fürs Haare schneiden um 30 Prozent ansteigt, wächst nur die Arbeitslosigkeit und die Schwarzarbeit." Mindestlohn könne zu höherer Arbeitslosigkeit führen. Stattdessen müsse es um Mindesteinkommen gehen.
Wem es tatsächlich um bessere Bezahlung gehe, müsse auch branchen- und regionsspezifische Modelle diskutieren. So seien Mindesteinkommen denkbar. Dies gelte auch für die Höhe von Abgaben, Beiträgen und Steuern bei mittleren Einkommen. Der Vergleich des Agenturchefs Senius mit dem Mindestlohn im europäischen Ausland bezeichnete Kurth als "nah dran an der Inkompetenz". "Wenn Herr Senius das Ausland als Vorbild nimmt, muss er auch über die Höhe der dortigen Mindestlöhne, die Arbeitskosten und die z.T. deutlich höheren Arbeitslosenquoten sprechen. Man darf sich wundern, dass ein Verwaltungsdirektor diese Einseitigkeit aufweißt."
Abschließend zeigte sich Kurth auch persönlich befremdet von Aussagen aus der Agentur heraus. Laut MDR habe Senius erklärt: Unternehmen, die ihren Beschäftigen aus eigener Kraft keine existenzsichernden Löhne zahlen könnten, brauche niemand. Kurth erwarte eine Stellungnahme zu dieser Aussage gegenüber v.a. ostdeutschen Unternehmen. Wer zunächst in westdeutschen und nach der Wende in ostdeutschen Ämtern Karriere machte, sollte sorgfältiger seine Worte wählen - wozu gerade als Arbeitsamtschef ein wenig Demut gehört. Das Mindestlohnthema sei eine hochpolitische und weniger eine technische oder verwaltungsrechtliche Debatte. "Wenn Herr Senius sich politisch betätigen will, muss er seinen Posten räumen und sich in ein Parlament wählen lassen. Politik ohne demokratische Legitimation aus einer warmen Behörde heraus gibt es in Deutschland nicht mehr", so Kurth abschließend.