Kommunalwahl

Mehrere FDP-Kandidaten haben gegen das Wahlergebnis der Kommunalwahl am 27. Juni Widerspruch eingelegt. Dies teilte heute FDP-Pressesprecher Patrick Kurth mit. Die Kandidaten würden sich gegen die Verteilung der Sitze in den Kommunalparlamenten wenden.

Die Sitzverteilung in den Kommunalparlamenten bemisst sich neben dem Wahlergebnis auch nach der Fünf-Prozent-Hürde. "Die Fünf-Prozent-Hürde ist verfassungswidrig. Sie beeinträchtigt die Wahlrechtsgleichheit und die Chancengleichheit der Parteien. Diese Ungleichbehandlung ist durch keinen zwingenden Grund gerechtfertigt.", stellte Kurth fest.

Er verwies dabei auf die Rechtsprechung und die politische Praxis. So habe das Bundesverfassungsgericht bereits 1957 festgestellt, dass die Sperrklausel bei Kommunalwahlen dann verfassungsgemäß ist, wenn der Gemeinderat den Hauptverwaltungsbeamten, zum Beispiel den Oberbürgermeister oder den Landrat, wählt. In Thüringen ist das nicht der Fall. Im Freistaat wird der Bürgermeister bzw. der Landrat direkt vom Volk gewählt. "Dies entspricht dem sogenannten dualen Organmodell, das auch in Bayern und Baden-Württemberg gilt, in denen es, wie übrigens auch in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, keine Sperrklauseln bei Kommunalwahlen gibt.", so Kurth.

Auch der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen hatte 1999 festgestellt, dass das Recht auf Gleichheit der Wahl und auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb durch die Sperrklausel bei Kommunalwahlen verletzt ist, wenn die Kommunalparlamente keinen Hauptverwaltungsbeamten wählen. Zahlreiche Länder hätten daraufhin die Fünf-Prozent-Hürde aufgehoben. In Thüringen blieb die Klausel hingegen bestehen.

Kurth sagte, dass der Thüringer Gesetzgeber es versäumt habe, die Richtigkeit dieser Regelung zu prüfen. "Der Gesetzgeber darf nicht ohne Rücksicht auf sich ändernde Umstände auf unabsehbare Zeit an einer solchen Regelung festhalten. Er hat vielmehr die Pflicht, eine erlassene Sperrklausel unter Kontrolle zu halten. Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht erklärt."

Die FDP, so Kurth weiter, wolle nicht als "schlechter Wahlverlierer" gelten. "Dies geht auch nicht, weil wir aus der Kommunalwahl gestärkt hervorgehen. Wir fechten auch nicht das Wahlergebnis an sich an, sondern die Mandatszuweisung.", so Kurth. Gegen eine verfassungswidrige Regelung müsse vorgegangen werden. "Man kann nicht ohne Grund zehn Prozent der Wählerstimmen unter den Tisch kehren. Diese Wahleinschränkung ist mehrfach für verfassungswidrig erklärt worden.", sagte Kurth.

In Thüringen hatte zuletzt die Deutsche Soziale Union (DSU) im Jahr 2000 gegen die Fünf-Prozent-Sperrklausel geklagt. Ihr Antrag wurde aus formalen Gründen zurückgewiesen. Die Präsidentin des Thüringer Landtages, Christine Lieberknecht, hatte damals die Verfassungsbeschwerde der DSU für unzulässig gehalten. Gegenüber dem Verfassungsgerichtshofes in Weimar hieß es, dass die DSU die Kommunalwahl 2004 abwarten und gegebenenfalls anfechten solle.

Gegen die Fünf-Prozent-Hürde wollen neben der FDP auch die Grünen vorgehen. Diese hatten Anfang der Woche erklärt, die Klausel mit Rechtsmitteln zu beanstanden. Die Thüringer PDS zeigte sich ebenfalls mit der Sperrklausel unzufrieden. Als im Landtag vertretene Partei kann sie auch über eine Gesetzesinitiative die Streichung der Klausel beantragen. Das allerdings würde nichts an der derzeitige Mandatsverteilung ändern.