Rund 100.000 Euro hat sich die Landesregierung ihren neuen Internetauftritt kosten lassen. Was bislang aber dennoch fehlt, sind mehrsprachige Informationsangebote. Mit acht Fremdsprachen kommt Nachbar Sachsen-Anhalt daher. Sechs bietet der Freistaat Sachsen, immerhin noch zwei das Saarland. Thüringen ist das einzige Bundesland ohne Internationalisierung seines Internetportals. Als "symptomatisch für die mangelnde Internationalität des Freistaats" bezeichnet das der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Uwe Barth. Mit einer Großen Anfrage hat seine Fraktion als erste Landtagsfraktion in einem Bundesland die internationalen Beziehungen hinterfragt. "Das Ergebnis ist ernüchternd und wirft ein provinzielles Licht auf das Grüne Herz Deutschlands", kritisiert Barth.
"In der Datensammlung, die von der Landesregierung auf die insgesamt 73 Fragen der FDP geliefert worden ist, fehlt es gänzlich an einer kritischen Analyse", bemängelt der Fraktionschef. Außerdem habe das Land offenkundig keine Gesamtstrategie. Die Zuständigkeiten seien verteilt auf je zwei Referate in der Staatskanzlei und im Wirtschaftsministerium, eins im Bildungsministerium sowie ein Stabsstelle im Justizministerium. Ein Mitarbeiter im Bauministerium komplettiert die "bunte ministerielle Arbeitsgemeinschaft". Eine persönliche Widmung und Fokussierung von Landesverantwortungsträgern dem Themenbereich gegenüber fehle dagegen flächendeckend, hat Barth festgestellt. Allgemeinplätze wie etwa "die Landesregierung bemisst diesen Partnerschaften generell einen hohen Stellenwert" oder wahlweise den "internationalen Beziehungen eine hohe Bedeutung" bei, seien dagegen ein "gern genutztes Antwortmuster". Die Landesregierung hat kein Konzept, ob und wie die Partnerschaften mit Ungarn und der chinesischen Provinz Shaanxi künftig intensiviert werden könnten.
Während im Bereich Bildung und Wissenschaft sowie Landwirtschaft und Umwelt gute Verbindungen bestünden, nutze der Freistaat den Sport als grenzübergreifendes Aushängeschild für Thüringen nur mangelhaft. "Das Verstecken hinter der Bundeshoheit steht für eigene Mut- und Ideenlosigkeit", so Barth. "Internationales Profil kann Thüringen nur gewinnen, wenn auf möglichst vielen Bereichen internationale Austausche gefördert werden. Sport gehört ausdrücklich dazu." Barth regt ein Treffen von Sportministerin Heike Taubert (SPD) mit Thüringer Spitzensportlern an, um deren Bekanntheitsgrad künftig als "Türöffner" zu nutzen. In Thüringen tätige Vereine und Verbände, die sich mit der Zusammenarbeit mit ausländischen Organisationen beschäftigen oder deutschsprachige Auswanderer-Organisationen sollten ebenfalls einbezogen werden. Ein Blick ins Internet auf die Website des Verbandes der deutsch-ausländischen Gesellschaften Thüringens e.V. oder ein Anruf bei den deutschen Botschaften könne der Landesregierung schon gute Erkenntnisse liefern, über die sie offenkundig bislang nicht verfüge. Die FDP-Fraktion hat vorgearbeitet und 97 deutsch-brasilianische Clubs bzw. 38 Vereine und Institutionen in Australien und Neuseeland ermittelt, die noch nie einen Newsletter oder Infopost aus Thüringen erhalten haben. Internationale Initiativen und Projekte im Internet zu publizieren, erfordere wenig Aufwand und koste nichts, so Barth. Die Liberalen schlagen z.B. ein "Kompendium Thüringen International" und einen regelmäßigen englischsprachigen Newsletter vor.
Die "fehlende Eigeninitiative" der Landesregierung ziehe sich wie ein roter Faden durch die Antwort. Die Regionalpartnerschaften würden unkoordiniert bis gar nicht gepflegt. Besonders ärgerlich sei die ungenügende Würdigung der Partnerschaft mit dem Land Ungarn, dem derzeitigem EU-Ratspräsidentschaftsinhaber, bemängeln die Liberalen. Die letzte Sitzung der partnerschaftskoordinierenden Kommission fand im November 2008 statt. Einen Besuch der Ministerpräsidentin bei einem Diplomaten - dem polnischen Botschafter am 14. Februar - verzeichnet das Protokoll. "Die diplomatische Gepflogenheit der Antrittsbesuche von Diplomaten befreit die Landesregierung nicht von Eigeninitiative", merkt Barth an.
Die FDP-Fraktion hat es vorgemacht. In nur 18 Monaten hat sie drei Botschafterbesuche in Thüringen organisiert und sechs Abteilungsleiter und Mitarbeiter von Botschaften eingeladen. Am Donnerstag wird eine Schweizer Wirtschaftsdelegation Thüringen besuchen. Vom Besuch des Botschafters Tim Guldimann bei den Liberalen wird auch die Landesregierung profitieren. Er verbindet seinen Aufenthalt im Rahmen des "Swiss Business Lunch" am Freitag mit einem Besuch bei Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU).
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