"Ein freies Land braucht freie Schulen", betonte Marco Eberl von der evangelischen Schulstiftung Mitteldeutschland zum Auftakt der neuen bildungspolitischen Diskussionsreihe der FDP-Fraktion im Thüringer Landtag. "Sie sind ein Zeichen für den aktiven Gebrauch der Bürgerrechte." Am Vorabend des 20. Jahrestages der deutschen Einheit hatten die Liberalen zu einer Diskussionsrunde über die Zukunft der Schulen in freier Trägerschaft in das Comcenter im Brühl in Erfurt eingeladen. Mehr als 80 Schulleiter, Verbandsvertreter, Lehrer und Eltern waren der Einladung des Fraktionsvorsitzenden Uwe Barth und der Landtagsvizepräsidentin Franka Hitzing gefolgt. Rund 40 der 150 Einrichtungen im Freistaat Thüringen und alle Schulformen waren damit bei der Diskussion über die geplante Neufassung des Gesetzes über die Schulen in freier Trägerschaft vertreten.
"Das staatliche Bildungsmonopol ist vor 20 Jahren gefallen", verwies der FDP-Landesvorsitzende Uwe Barth auf das Grundgesetz und die Verfassung des Freistaats Thüringen. Mit den geplanten Gesetzesänderungen drohe in Zukunft aber gerade, dass gegen das verfassungsmäßige Sonderungsgebot verstoßen werden, wenn die Schulen gezwungen würden, dass Schulgeld zu erhöhen. Barth, der selbst vier Jahre Schulelternsprecher einer freien Schule in Jena war, befürchtet, dass durch die Wartefrist von drei Jahren künftig keine Neugründungen von Schulen in freier Trägerschaft mehr möglich würden. Dabei gibt es in Thüringen noch großen Nachholbedarf. Jürgen Banse, Geschäftsführer des Verbandes der Privatschulen von Sachsen-Anhalt verwies darauf, dass der Freistaat bei der Finanzierungshöhe lediglich auf Platz 9 der Bundesländer rangiere. Bei den allgemeinbildenden Schulen betrage der Anteil der Schüler nur 6,0 Prozent. Dieser sei nur noch im Nachbarland Sachsen-Anhalt niedriger. Überhaupt sei Deutschland mit seinem Anteil der Schulen in freier Trägerschaft zusammen mit Griechenland europaweites Schlusslicht, stellte Manja Bürger, Geschäftsführerin des Verbandes der Privatschulen Thüringen Sachsen fest. Sie konstatierte einen "erfreulichen Ansturm auf die Schulen und einen deutlichen Zuwachs um deutschlandweit 50 neue Schulen pro Jahr". Das passe der Politik offenbar nicht, die in den Schulen eine lästige Konkurrenz zu den eigenen staatlichen Schulen sehe.
"Fast 25.000 Schüler und 50.000 Elternteile haben in Thüringen bewusst von ihrer Wahlfreiheit Gebrauch gemacht", stellte die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Franka Hitzing fest. Die guten Ergebnisse Thüringens beim Bildungsmonitor verdanke man auch und gerade der hervorragenden Qualität der Bildungsarbeit an den Schulen in freier Trägerschaft. "Bildung ist unteilbar, wir sind keine Nische", mahnte Winfried Weinrich vom Katholischen Büro des Bistums Erfurt die Verantwortung des Landes für die Schulen in freier Trägerschaft an. "Wir wollen keine Privilegierung sondern Gleichbehandlung." "Kontinuität, Transparenz und Berechenbarkeit" müssten die Grundsätze sein. Um dies zu erreichen regte der Sprecher der in Gründung befindlichen Landesarbeitsgemeinschaft eine stärkere Vernetzung der Schulen in freier Trägerschaft an. In der Diskussionsveranstaltung sah er deshalb einen sehr guten ersten Schritt auf diesem Weg.
Knackpunkt für die Zukunft der Schulen ist und bleibt die Finanzierungsfrage - darin waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. Die Entkopplung der Zuschüsse von den Schülerkosten an staatlichen Schulen, sei deshalb falsch. "Wir wollen verhindern, dass dem Parlament die Mitsprache genommen wird und die Kostensätze am zuständigen Bildungsausschuss vorbei auf dem Verordnungsweg festgelegt werden", erklärte Franka Hitzing. Am morgigen Freitag sind die Spitzenvertreter zu einem Gespräch ins Ministerium eingeladen. In der nächsten Woche steht die erste Lesung des Gesetzes im Landtag an. Die Vertreter der Schulen in freier Trägerschaft kündigten gestern Abend erneute Proteste gegen die beabsichtigen Finanzierungkürzungen an.