FDP-Generalsekretär Patrick Kurth, MdB erklärt im Inverview mit der TLZ, dass das Steuerthema das Kernthema der Bundespolitik bleibe. Von der Kanzlerin erwarte er, dass die Bundesministerien entsprechende Vorschläge zur Steuervereinfachung machen und diese dann von den Fraktionen schnell umgesetzt werden. Kurth weist darauf hin, dass die christlich-liberale Koalition schon mehr Probleme gestemmt hat, wie manchmal in einer ganzen Legislaturperiode nicht: Griechenland-Rettung, Euro-Rettungsaktion, eskalierende Situation in Afghanistan, Rücktritt eines Bundespräsidenten und Neuwahl.
TLZ: Die FDP ist bundesweit innerhalb von nicht ganz einem Jahr von fast 15 auf fünf Prozent gestürzt. Wie schafft man das?
Wir haben die Erwartungen hochgesteckt. Die Erwartungen der Wähler waren ebenso hoch. Wenn dann nicht alles umgesetzt werden kann, ist die Enttäuschung erklärbar.
Enttäuschung worüber?
Wir haben auch zu wenig deutlich gemacht, wie unsere Vorstellungen von Steuerpolitik, Finanzpolitik, Bürgerrechts- und Gesundheitspolitik von der Bundesregierung umgesetzt werden.
Erst hat man wie ein kanninchen auf die Schlange auf die NRW-Wahlen geschaut und Entscheidungen aufgeschoben. Die sind jetzt vorbei. Wann geht es richtig los? Bekommen wir einen Herbst der Reformen?
Das hoffe ich. Das Warten auf die NRW-Wahl hat sich nachträglich als ein Fehler herausgestellt. Kritische Stimmen dazu hatte es aber auch schon vorher in der Fraktion gegeben. Wenn wir jetzt weiter zuwarten, werden wir bei den nächsten Landtagswahlen 2011 ebenso abgestraft wie in den Umfragen im Bund derzeit.
Was steht jetzt auf der Agenda?
Die Kanzlerin hat in ihrer letzten Regierungserklärung gesagt, fangen wir mit Steuervereinfachungen an. Dann machen wir das doch auch. Ich erwarte von der Kanzlerin, dass die Bundesministerien entsprechende Vorschläge machen und die Fraktionen sie schnell umsetzen.
Steht hinter den ständigen Streitereien ein Grundsatzkonflikt oder sind das nur persönliche Animositäten?
Es gab nach der letzten Wahl eine völlig neue Konstellation: die Kanzlerinnenpartei wurde wiedergewählt, der Koalitionspartner wurde neu gewählt. Daraus ergeben sich zwei Blickwinkel: Die Kanzlerinnenpartei ist natürlich der Überzeugung, nicht alles falsch gemacht zu haben. Aus Sicht des neuen Koalitionspartners musste sich vieles ändern. Das war der Grundkonflikt. Die Traumkoalition hat völlig verschiedene Startszenarien gehabt.
Aber die Parteien haben doch Fehler gemacht.
Natürlich. Der Bürger erwartet, dass die Bundesregierung ihr Profil schärft und nicht die einzelnen Parteien dies auf Kosten der jeweils anderen versuchen.
Aus der Traumhochzeit wurden Szenen einer zerrütteten Ehe.
Nein, das ist falsch. Die Kanzlerin war bei uns in der Fraktion, der Gesundheitsminister in der Unionsfraktion. Und auf Arbeitsebene ist das Klima sowieso gut.
Hat die FDP sich zu sehr in das Steuerthema verrannt?
Nein. Das Steuerthema bleibt das Kernthema der Bundespolitik.
Träumen sie noch immer von Steuersenkungen?
Was heißt hier träumen? Zu einer vernünftigen Steuerpolitik gehören auch Steuersenkungen. Wenn die Steuereinnahmen ständig steigen, macht es keinen Sinn, ständig über leere Kassen zu lamentieren. Die Kassen sind dann leer, wenn man mehr ausgibt als man einnimmt.
Muss ein Ruck durch die Koalition gehen?
Die Koalition muss den Koalitionsvertrag abarbeiten. Die Kritiker dürfen aber auch nicht vergessen, welche großen Probleme diese Koalition gestemmt hat: Griechenland-Rettung, Euro-Rettungsaktion, eskalierende Situation in Afghanistan, Rücktritt eines Bundespräsidenten und Neuwahl. In dieser kurzen Zeitspanne ist so viel passiert, wie manchmal in einer ganzen Legislaturperiode nicht.
Welche Punkte müssen jetzt auf der Agenda stehen?
Die FDP hat es erreicht, dass die Bürger nicht noch mehr Steuern zahlen. Ohne die FDP hätten wir mit Sicherheit eine höhere Einkommens- und Mehrwertsteuer. Unsere Kernthemen sollten Steuer-, Wirtschafts- und Gesundheitspolitik bleiben.
Gibt sich die FDP schon damit zufrieden, dass die Steuern nicht steigen?
Natürlich nicht. Wir haben bereits Entlastungen erreicht und sind weiter dran. Mit wenig Freude habe ich allerdings vernommen, dass Kanzlerin und Vizekanzler das Steuerthema auf 2011 verschoben haben.
Die Thüringer FDP feiert heute in Weimar den 20. Jahrestag ihrer Gründung nach der Wende. Wo steht die FDP heute?
Die Thüringer FDP steht heute ausgesprochen gut da. Die Liberalen in Thüringen hatten mehr Höhen als Tiefen. Es ging mehr bergauf als bergab, vielleicht aus deshalb, weil es einmal ganz steil bergab ging. Wer in dieser Zeit dabei geblieben ist, ist ein überzeugter Liberaler und kein Karrierist. Die FDP steht als einzige Partei für eine liberale Politik, für eine Politik der Freiheit.
Was wünscht sich der Generalsekretär des Geburtstagskindes?
Das die Partei weiter so gut arbeitet, so gut zusammenhält. Und dass unsere Politik in der nächsten Legislaturperiode in eine Regierungsbeteiligung mündet - zum Wohle aller Thüringer.
Quelle: Thüringische Landeszeitung, 06.08.2010. Die Fragen stellte Hartmut Kaczmarek.