Bericht vom 18. Landesparteitag in Pfiffelbach
Pfiffelbach, 12. März 2005. "Pfiffelbach? Wo liegt Pfiffelbach?", fragten im Vorfeld nicht wenige Parteitagsbesucher und waren erstaunt, in dem kleinen Ort im Weimarer Land unweit von Apolda einen ungewöhnlich riesigen Saal vorzufinden, der den 300 Delegierten reichlich Platz bot. Der Vorsitzende des FDP- Kreisverbands Weimarer Land, Otto Ritzel, lieferte in seinem Grußwort die Erklärung. Einst war Pfiffelbach und Umgebung beliebtes Hasenjagd- Revier von Honecker und Genossen. So kam es, dass die SED- Spitze beschloss, hier ein großes Tagungszentrum bauen zu lassen. Ironie der Geschichte: Das Bauende war erst nach dem Ausscheiden Honeckers, so dass der Saarländer und SED- Diktator seinen Vorzeigebau nicht mehr zu Gesicht bekam. Nach der Wende machte man vor Ort das Beste aus dem für ein Dorf ungewöhnlich großen Bau und entwickelte ein beachtenswertes Kultur- Kongresshotel.
In Pfiffelbach vertreten war der FDP- Kreisverband Greiz durch die Delegierten Dr. Horst Gerber, Jens Zimmer, Raimund Kolbe, Alexander Popp, Michael Gewohn, Pierre Fenk, Nicole und Bernd Lierse, Hanno Sengewald sowie Dirk Bergner. Matthias Lindig war urlaubsbedingt entschuldigt und hatte seine Stimme übertragen.
Inhaltlich beschäftigte sich der Parteitag mit Satzungsänderungen, zu denen zumindest teilweise die notwendige Zweidrittelmehrheit knapp verfehlt wurde sowie mit einer ganzen Reihe von programmatischen Anträgen. Wie bereits in der erweiterten Kreisvorstandssitzung in Niederpöllnitz besprochen, brachte Dr. Gerber einen Änderungsantrag zur (mit diesem Änderungsantrag) beschlossenen Kreisgebietsreform ein, in dem gefordert wird, dass vor einer Kreisgebietsreform zunächst die Verwaltungsreform auf Landesebene zügig vollzogen werden muss, um bei einer Reform Aufgaben der Kreise definieren zu können. Bereits in seinem Redebeitrag hatte zuvor der VLK- Vorsitzende Dirk Bergner gemahnt, dass Gebietsreformen nur dann Sinn haben, wenn es sich nicht nur um Zusammenschlüsse handelt sondern auch eine höhere Effizienz dabei herauskommt. Ein zentraler Punkt der liberalen Forderungen ist die zweistufige Verwaltung auf Landesebene.
Weitere Anträge beschäftigten sich mit der Bildungspolitik, wo vor allem einheitliche Bildungsstandards und ein Ende der bildungspolitischen Kleinstaaterei gefordert wurden.
Auf Grund der Vielzahl von Anträgen und der fortgeschrittenen Zeit wurden etliche Anträge, so auch der des Kreisverbands Greiz (Abschaffung der Benachteiligung geringerer Einkommen bei der Abzugsfähigkeit gemeinnütziger Spenden) an den Landesparteirat sowie teilweise die zuständigen Ausschüsse als auch den Landesvorstand zur weiteren Behandlung verwiesen.
Auch die aktuelle kommunalpolitische Situation kam nicht zu kurz. Der Vorsitzende des FDP- Kreisverbands Greiz Dirk Bergner hielt in der Aussprache folgenden Redebeitrag:
[Es gilt das gesprochene Wort]
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Parteifreunde,
in den vergangenen Monaten mussten wir erleben, was für dramatische Auswirkungen Alleinregierungen haben können. Im Stil einer gelenkten Demokratie peitschte Seine Hoheit, der Ministerpräsident, eine Kürzung der Kommunalfinanzen um fast 200 Mio. EUR durch, die nichts anderes, als einen finanziellen Kahlschlag bedeutet. Der 24. Februar, der Tag, an dem der Landtag den Landeshaushalt beschlossen hat, war in mehrfachem Sinne ein schwarzer Tag für Kommunen und Mittelstand in Thüringen. Zuguterletzt hat CDU- Parteidisziplin doch Vorrang vor der freien Entscheidung des Abgeordneten gehabt, und das Land degradiert die Kommunen zu reinen Mangel- und Konkursverwaltern. Von kommunaler Selbstverwaltung kann da keine Rede mehr sein.
Besonders dramatisch sind die Auswirkungen auf den regionalen Mittelstand und damit auf den Arbeitsmarkt einzuschätzen. Es kann jeder an drei Fingern abzählen, was aus dem ohnehin gebeutelten Bau- und Baunebengewerbe wird, wenn Städte und Gemeinden als Auftraggeber weitgehend wegfallen. Die Abwärtsschraube in Thüringen wird sich noch schneller drehen. Abwanderung wird so nicht gestoppt.
Natürlich ist der Sparzwang in Thüringen klar erkennbar, nachdem sich der geschönte Haushaltentwurf der CDU aus Zeiten vor der Wahl als Makulatur erwiesen hat. Doch solange nach wie vor auf Landesebene eine in sich schlüssige Reduzierung der Staatsbürokratie allenfalls in Sonntagsreden vorkommt und solange in Thüringen beispielsweise ein millionenschwerer Tunnel zum Ski fahren gebaut wird, während in den Gemeinden das Geld fehlt, die vorhandene Turnhalle in Schuss zu halten, werden immer noch die Prioritäten an der falschen Stelle gesetzt.
Nach wie vor vertrete ich die Position, dass das, was das Land jetzt verfügt hat, dem Anspruch der Thüringer Verfassung nicht gerecht wird, wonach der Freistaat Thüringen dafür Sorge zu tragen hat, dass die Träger der kommunalen Selbstverwaltung ihren Aufgaben gerecht werden können.
Jetzt, wo wiederum durch das Verschulden des Landes viel zu spät die kommunalen Haushalte mehr schlecht als recht zusammengestöpselt werden, spüren viele Bürgerinnen und Bürger die ersten Auswirkungen. Und ihr Zorn richtet sich oftmals gegen die gewählten Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte vor Ort.
[Anrede],
diese Jacke müssen sich liberale Kommunalpolitiker nicht anziehen. Die VLK hat ebenso wie der FDP- Landesvorstand und viele Kommunalpolitiker vor Ort getan, was wir tun konnten, um das Desaster abzuwenden oder wenigstens abzumildern. Wenn Sie jetzt zu Hause in der Haushaltdebatte angefeindet werden, dann benennen Sie, wer den Kommunen den Boden unter den Füßen wegzieht. Selbstbewusst sagen wir, dass mit der FDP am Ruder ein derartiger Raubbau an der kommunalen Basis Thüringens nicht möglich gewesen wäre.
Der Gipfel ist dann allerdings, wenn SPD- Generalsekretär Benneter sich hinstellt und die Kommunen auffordert, mehr zu investieren. Der Mann scheint wirklich nicht zu wissen, was 2 Legislaturperioden Rot- Grün mit schwarzer Ergänzung auf Landesebene vor Ort bewirkt haben. Oder, er ist mit seinem Latein am Ende und versucht sich nun in billigen Ablenkungsmanövern.
[Anrede],
die Liberalen gehören ausdrücklich nicht zu denen, die immer nur die Hand aufhalten und nach mehr Geld von oben schreien. Was wir aber fordern, ist endlich eine wirkungsvolle Reform der Steuersysteme und der Kommunalfinanzen.
Das hindert uns aber nicht daran, den Finger in die Wunde zu legen und die Verantwortlichen für die Misere immer wieder zu benennen.
Zugleich richte ich meinen Appell an die FDP- Abgeordneten in den Kreistagen. Die Kommunen sind das letzte Glied in der Kette, wenn es darum geht, Kosten von oben nach unten abzuwälzen. Die FDP hat sich als Partei mit besonderer kommunaler Verantwortung etabliert. Zeigen wir dieses Verständnis für die Sorgen vor Ort, indem wir der fast überall angestrebten Erhöhung der Kreisumlage nicht das Wort reden. Im Kreistag Greiz hat unsere Fraktion bereits den Antrag eingereicht, den Haushaltsentwurf so aufzustellen, dass eine Erhöhung der Kreisumlage nicht eingerechnet wird.
Unter dem Eindruck finanzieller Zwänge erleben wir verstärkt die Diskussionen um Gebietsreformen, wobei das, was darunter verstanden wird, sehr differiert. Auch heute liegt ein entsprechender Antrag vor. Beachten wir bei aller Diskussion, dass Gebietsreformen untauglich sind, wenn darunter lediglich Zusammenschlüsse verstanden werden und keine größere Effizienz herauskommt.
[Anrede],
Lassen Sie mich abschließend noch ein paar Worte zur VLK selbst sagen. Die Vereinigung Liberaler Kommunalpolitiker präsentiert sich neu aufgestellt und selbstbewusst. Sehr gefreut habe ich mich, dass unsere Mitgliederversammlung mit Jürgen Gnauck sehr gut besucht war. Veranstaltungen, die so voll besetzt sind, dass noch Stühle von draußen herein getragen werden mussten, zählten bei uns nicht immer zu den Selbstverständlichkeiten. Besonders gefreut habe ich mich, dass auch die "alten Hasen", wie beispielsweise Horst Gärtner und Matthias Lindig, die ich hier nur stellvertretend nenne, wieder mit von der Partie waren.
Die VLK plant weitere Veranstaltungen, die wir jeweils rechtzeitig im Diskussionsforum ankündigen werden. Und die VLK ist auf dem Wege, sich verstärkt wieder als Netzwerk für die Kommunalpolitiker mit FDP- oder FDP- nahem Mandat zu entwickeln. Dazu brauchen wir natürlich auch künftig Ihre aktive Mitwirkung, für die ich an dieser Stelle werbe. Wir haben alle miteinander etwas davon.
Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
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