Wer seinem Nachbarn imponieren will, der pflanzt in seinem Garten Mohrrüben. Die kann er nämlich schon nach kurzer Reifezeit stolz herumzeigen. Wer dagegen seinen Enkeln etwas hinterlassen will, muss Walnussbäume pflanzen: Lange Wachstumsperiode, geduldige Arbeit, aber der Ertrag ist nachhaltig.
Dieser heute noch aktuelle Vergleich stammt von einem französischen Nationalökonomen aus dem 19. Jahrhundert.
In der gegenwärtigen Zeit bekommt man allerdings den Eindruck, auf allen Entscheidungsebenen haben die Möhrenpflanzer die Oberhand gewonnen.
Ein Großteil der gegenwärtigen Probleme ist im Übrigen nicht - wie von der politisch Linken immer wieder kolportiert - das Ergebnis von Deregulierung, sondern von gescheiterter und versagender Regulierung. Die staatlichen Banken, von IKB über die Landesbanken bis zur Hypo Real Estate oder auch die Bankenaufsicht Bafin zeugen deutlich Bespiel darüber.
Weitblick und Prognosesicherheit sind keinesfalls Zeichen gegenwärtigen staatlichen Handelns, ebenso wenig Mut und Spaß an strukturellen Veränderungen.
Die Debatte darf sich also nicht darum drehen, ob der Staat eingreift, sondern wie das tut. Die Frage, was stärker zu regulieren ist und was nicht, sollte nicht aus dem Augenblick heraus beantwortet werden.
Die Herausforderung, eine stabilere Finanz- und Wirtschaftswelt zu errichten, ist immens - aber ohne Alternative, wenn wir die die Voraussetzungen dafür schaffen wollen, dass jeder selbstverantwortlich für sich und seine Angehörigen Entscheidungen für die Zukunft treffen kann. Man benötigt dazu kompetente, auf Nachhaltigkeit angelegte Anleitung. Das kann der Staat nicht regulierend abnehmen. Aber er kann den Ordnungsrahmen dafür schaffen, damit die Bürger faire, transparente Problemlösungen erhalten.
Im Zeitalter der Globalisierung kann sich aber auch niemand mehr in seine Ecke zurückziehen und vom Rest der Welt lossagen. Je komplexer die vernetzten Systeme werden, umso fragiler werden sie. Wir werden deshalb einen Rückzug auf das Nationale erleben; die Globalisierung wird sich entschleunigen. Das muss nicht nachteilig sein, im Gegenteil die Entschleunigung kann als Katalysator einer notwendigen Systemreform dienen. Es gilt jedoch jeglicher Form von Protektionismus entgegenzutreten. Dieser führt immer zu wirtschaftlicher Depression und stärkt nationalistischen und totalitäre Bestrebungen.
Daran kann Deutschland mit einer Exportquote von ca. 48% keinerlei Interesse haben, zumal in den letzten Jahrzehnten die arbeitsintensiven Sektoren der Binnenwirtschaft vernichtet und durch Importe ersetzt wurden. Neben der Beseitigung der Kreditklemme zwischen den Banken gilt es durch beschleunigte Verfahren vor allem die Investitionsgüterindustrie zu unterstützen.
Kurzfristige Maßnahmen zur Stärkung der Massenkaufkraft - wie in Wahlkampfzeiten von den "Möhrenpflanzern" gern gefordert - führen deshalb nicht zum Ziel, weil die Industrien, die davon profitieren könnten, von der derzeitigen Krise nicht betroffen sind.