Forderung nach "Tag der parlamentarischen Demokratie" unterstützt
Am 23. Juli vor 60 Jahren ist der Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Thüringer Landtag, Hermann Becker, vom Mittagstisch weg verhaftet worden.
FDP-Generalsekretär Patrick Kurth mahnte mit Blick auf dieses Ereignis die Bürger in den neuen Bundesländern, sich des wahren Wertes der Demokratie nochmals bewusst zu werden. "Für demokratische Anfänge nach dem Krieg sind gerade Mitglieder in der liberalen Partei durch SED und Sowjets massiv drangsaliert worden. Für die Demokratie haben Menschen vor gar nicht langer Zeit geblutet. Das muss man sich bei aller zum Teil nachvollziehbaren Verdrossenheit heute immer wieder bewusst machen", sagte Kurth. Er sei gespannt, ob die Nachfolge-SED sich zum traurigen Jubiläum äußern werde.
Kurth sagte, dass insbesondere in Thüringen das Jahr 2008 Anlass dafür geben müsse, die Folgen kommunistischer Diktatur klar zu benennen. "Vor 60 Jahren, im Jahr 1948, haben die Übergriffe v.a. in Thüringen gegen die Liberalen zugenommen." So sollte auf Drängen der Sowjetischen Militäradministration der stellvertretende Thüringische Landesvorsitzende Alphons Gaertner Nachfolger von LDP-Parteichef Wilhelm Külz in Berlin werden. Gaertner entzog sich durch Flucht. Etwa zeitgleich verlangte LDP-Mitglied Professor Hans Leisegang auf dem Jenaer Parteitag in einer scharfzüngigen Rede von den Kommunisten die Gewährung des gleichberechtigten Studiums aller Religionen und Weltanschauungen. Mit Leisegangs bürgerlichen Bildungsansprüchen identifizierten sich zahlreiche - vor allem liberaldemokratische - Studenten. Auch in seinen Vorlesungen verlangte er immer wieder das Recht der Freiheit der Wissenschaft. Der Verleger der Thüringischen Landeszeitung entschied sich, die Rede Leisegangs auf der Titelseite der TLZ vom 18. Juli
1948 abzudrucken. Dieser Verleger war Hermann Becker. Nur wenige Tage nach Gaertners Flucht und dem Abdruck Leisegangs Rede wurde Becker ungeachtet seiner parlamentarischen Immunität während einer Plenarpause vom Mittagstisch im Thüringer Landtag verhaftet. Er musste über acht Jahre in sowjetischen Zwangsarbeitslagern zubringen. In der jüngeren Geschichte ein beispielloser Vorgang.
"Wie viele Thüringer und ostdeutsche Liberale 1948 und danach verhaftet, verurteilt oder erschossen wurden, ist bislang nicht erforscht", sagt Kurth. Daher stehe der Name Arno Esch beispielhaft für viele Hingerichtete.
Esch wäre im Februar 2008 80 Jahre alt geworden. Das LDP-Mitglied wurde in der Moskauer Lubjanka erschossen. Das Jahr 2008 gebe daher gerade für Demokraten in Ostdeutschland zu Recht Anlass, auf die Geschehnisse vor 60 Jahren zurückzublicken. "60 Jahre sind vergleichsweise wenig. Und schon wieder werden Schlagworte wie "Freiheit durch Sozialismus", "Wirtschaftsverbände zerschlagen" oder "die Wirtschaft gesellschaftlicher Kontrolle unterwerfen"
- alles Originalzitate von Oskar Lafontaine - bejubelt. Arno Esch wäre dieses Jahr 80 geworden. Vor 57 Jahren wurde er erschossen", sagte Kurth.
Er unterstütze die Forderung nach einem "Tag der parlamentarischen Demokratie". "Die Nachfolger der SED können dann beweisen, wie sie zur Demokratie stehen", sagte Kurth abschließend.