Auf Antrag der FDP-Fraktion befasste sich der Bundestag am Donnerstag mit den Plänen von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), beim deutsch-russischen Pipeline-Konsortium als Aufsichtsratsvorsitzender einzusteigen. Die FDP setzte mit Unterstützung auch von Abgeordneten der schwarz-roten Koalition zudem durch, dass Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) ins Plenum zitiert wurde und bescherte so der Regierung eine erste Abstimmungsniederlage. FDP-Fraktionschef Wolfgang GERHARDT forderte Schröder auf, von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen und stellte fest, dass der Altkanzler zwar Machtinstinkt besitze, es ihm jedoch an Moral fehle.
Die Kritik an den Karriereplänen des ehemaligen Bundeskanzlers hält an. Schröder (SPD) will nach dem Ausscheiden aus dem Amt Aufsichtsratsvorsitzender des Konsortiums Nordeuropäische Gaspipeline (NEGP) werden, welches die geplante Ostseepipeline betreiben wird.
FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt warf Schröder in der Debatte vor, er habe sich mit seinem Wechsel an die Spitze des Aufsichtsrats der Betreibergesellschaft über moralische Prinzipien hinweggesetzt, "die er als Bundeskanzler mit tatkräftiger Unterstützung der Sozialdemokraten vertreten hat", sagte Gerhardt. Die Sozialdemokraten hätten derlei Wechsel von Politikern in die Wirtschaft stets "mit einer Wolke hochkondensierter Moral" begleitet.
"Kein vernünftiger Mensch" hätte Schröder zu dieser Entscheidung raten können. Empörend sei es auch, dass die Betreibergesellschaft aus Steuergründen ausgerechnet ihren Sitz in der Schweiz nehmen wolle. Dies habe besonders die SPD in früheren Fällen immer wieder angeprangert, monierte der FDP-Fraktionschef.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jürgen KOPPELIN, sieht in dem Vorhaben "nicht nur eine Respektlosigkeit gegenüber Schröders früherem Staatsamt, sondern auch eine Missachtung der Tatsache, dass Schröder noch auf der Gehaltsliste Deutschlands steht." Zudem wolle Schröder den Dienst in einem Unternehmens antreten, welches in der politischen Auseinandersetzung in Russland eingesetzt werde. So beispielsweise zum Aufkauf oppositioneller Medien. "Das wirft Fragen auf, denen sich auch die aktuelle Bundesregierung zu stellen hat", so Koppelin.
Bei der Debatte konnte die Opposition unterdessen einen überraschenden Abstimmungserfolg erringen. Mit ihren Stimmen wurde beschlossen, Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) ins Plenum zu rufen. FDP-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Gerhardt hatte bemängelt, dass kein Kabinettsmitglied bereit stehe, um die Haltung der schwarz-roten Regierung zu dem Fall zu erläutern. Da bei Union und SPD offenbar nicht genügend Abgeordnete anwesend waren, bekam der auch von den Grünen und der Linkspartei unterstützte Antrag auf Herbeizitierung Münteferings eine Mehrheit.